Weltkulturerbe: Wohnungen mit Licht, Luft und Sonne

Eine Ausstellung im Bahaus-Archiv zeigt die Berliner Siedlungen der Moderne. Sie waren revolutionäre Architektur - und zugleich gebaute Revolution

Der Gedanke "Licht, Luft und Sonne" war nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur revolutionär. Er fand auch Einzug in ein Gesetz, wie die Ausstellung "Berliner Siedlungen der 1920er Jahre" im Bauhaus-Archiv zeigt. Getrennter Wohn- und Schlafraum, eigene Küche und Bad sowie Balkon war für den öffentlich geförderten Wohnungsbau der Weimarer Republik Pflicht. Die sechs Siedlungen der Moderne, die nun Welterbe der Unesco werden sollen, zeichnen sich also nicht nur durch klare Formen und schlichte Eleganz aus - sie waren auch ein politisches Reformprojekt.

Vorläufer der Reformbewegung war die Gartenstadt Falkenberg. Dort waren vor dem Krieg genossenschaftliche Wohnanlagen entstanden, die der Architekt der Gartenstadt, Bruno Taut, nach dem Krieg in der Weddinger Siedlung Schillerpark weiterentwickelte. Die Giebeldächer verschwanden zugunsten von Flachdächern, die innerstädtische Blockbebauung wurde von Hausgruppen abgelöst. Markenzeichen der Siedlung sind die roten Backsteinmauern nach holländischem Vorbild.

Den Durchbruch schaffte der moderne Wohnungsbau in Berlin mit Martin Wagner. Der wurde 1926 Stadtbaurat und machte nicht nur den Alexanderplatz zum modernen Platz der "Weltstadt". Auch dem neuen Bauen schuf er Raum - unter anderem in der Britzer Hufeisensiedlung, die Wagner zusammen mit Taut von 1925 bis 1930 für die Gehag errichtete. 2.000 Wohnungen, die sich um ausgedehnte Grünanlagen erstreckten - das hatte es bis dahin nicht gegeben.

Welche Eleganz die Moderne entfalten konnte, zeigt sich bis heute in Prenzlauer Berg. Dort wurde von 1928 bis 1930 in der Erich-Weinert-Straße die Wohnstadt Carl Legien errichtet, die nach ihrer Sanierung noch heute bei Wohnungsuchenden beliebt ist. Ganze Städte im Sinne von "Licht, Luft und Sonne" entstanden schließlich mit der Weißen Stadt in Reinickendorf und der Siemensstadt in Charlottenburg.

"All diese Siedlungen", sagt die Direktorin des Bauhaus-Archivs, Annemarie Jaeggi, "waren Gegenmodelle zur privatwirtschaftlichen Bauspekulation." Das freilich sind sie, trotz aller Aktualität der Architektur, heute nicht mehr. Sowohl die Gehag als Eigentümerin der Hufeisensiedlung als auch die BauBeCon, der die Wohnstadt Carl Legien gehört, sind private Wohnungsunternehmen, die auch entsprechend handeln.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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