Bolivien: Spaltung des Landes vertieft sich

Wenige Tage bevor die neue Verfassung fertig sein sollte, setzt sich in Bolivien der Konflikt zwischen linker Regierung und rechter Opposition fort.

Demo für den Verbleib der Regierung in La Paz Bild: dpa

Bolivien steht vor einer spannungsgeladenen Woche: Bis zum 6. August soll die verfassunggebende Versammlung den neuen Verfassungsentwurf annehmen. Einen Tag später findet eine gemeinsame Parade von Militär und indigenen Organisationen statt - ausgerechnet in Santa Cruz, einer Hochburg der rechten Opposition. Berichte über ein versuchtes Attentat auf Präsident Evo Morales dürften die Situation weiter verschärfen: Präsidentschaftsminister Juan Ramón Quintana sagte, die Polizei habe am Montag einen Mann festgenommen, der versucht habe, mit Sprengstoff in den Präsidentenpalast einzudringen.

Seit Evo Morales von der linken Bewegung zum Sozialismus (MAS) im Januar 2006 zum Präsidenten gewählt wurde, haben sich die Konflikte zwischen Westen und Osten des Landes verschärft: Im kargen Hochland leben vor allem Quechua und Aymara-Indianer, hier hat Morales seine Basis. Das Tiefland im Osten ist reich an Bodenschätzen, die weiße Elite dort lehnt die von Morales angestrebte Verstaatlichung der Bodenschätze ab. Mehrere Provinzen drohen, ihre Unabhängigkeit ausrufen.

Die Opposition versucht derzeit einen Beschluss der verfassungsgebenden Versammlung zu verhindern. Deren einjähriges Mandat läuft am Montag ab. Von den knapp 730 Artikeln des neuen Verfassungsentwurfs sind 65 Prozent noch umstritten. Zu den meisten Themen liegen zwei Vorschläge vor: einer der linken Mehrheitsfraktion und einer der rechten Opposition. Für Streit sorgen der zukünftige Autonomiestatus der Provinzen, die Neuordnung von Eigentums- und Bodennutzungsrechten und die Frage, wer von den Bodenschätzen des Landes profitiert.

Da die neuen Paragrafen der Verfassung mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden müssen, ist eine Einigung nicht in Sicht. Die Versammlung hat sich daher geeinigt, ihr Mandat bis zum 14. Dezember zu verlängern. Am Montag verkündete der Fraktionsführer der MAS, Román Loayza, dann überraschend, man habe eine Zweidrittelmehrheit von 170 Mandaten zusammenbekommen und könne am 4. oder 5. August abstimmen. Stimmt nicht, sagt die Opposition, die MAS verfüge nicht über so viele Stimmen. "Die MAS schürt die Unsicherheit und provoziert Reaktionen im Osten", so Mauricio Paz, Vizepräsident der verfassungsgebenden Versammlung und Mitglied der Oppositionspartei Podemos.

Provokationen gibt es auch von Seiten der rechten Opposition: So hatte diese vor wenigen Wochen beantragt, den Regierungssitz von La Paz in die Hauptstadt Sucre zu verlegen. Sucre liegt rund 700 Kilometer südlich von La Paz, dort befinden sich der Oberste Gerichtshof und das Verfassungsgericht. In der bisher größten Demonstration den Landes gingen daraufhin 2 Millionen Menschen im Großraum La Paz auf die Straße und drohten mit einem Generalstreik, sollte der Verschlag nicht zurückgenommen werden. Fünf Tage später demonstrierten in Sucre 200.000 Menschen für den Umzug der Regierung.

So hat die Debatte über den Regierungssitz, als reines Ablenkungsmanöver begonnen, dazu geführt, dass sich nicht mehr nur Westen und Osten des Landes gegenüberstehen, sondern auch die Bevölkerungen von Hauptstadt und möglichem Regierungssitz. Bolivien polarisiert sich weiter.

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