Stadtgrün: Mitte pflanzt erste Staubfänger

Bezirke und Grüne begrüßen den FDP-Vorstoß, mit mehr Grün in der City Feinstaub einzufangen. Doch haben sie Bedenken: Pflege koste Geld, und die verlängerte A 100 lenke Autos in die Umweltzone

Der Ruf nach Pflanzen als Feinstaubfänger in der Innenstadt wird lauter. Nun plädieren auch die Grünen für den Vorschlag der FDP, mehr Büsche entlang der Straßen zu pflanzen, um dadurch Feinstaub einzufangen. Die Bezirke, die Geld und Arbeitskraft für zusätzliche Pflanzungen bereitstellen müssten, sehen den Senat in der Pflicht.

Das Lob für die Forderung des FDP-Verkehrsexperten Henner Schmidt ist bei den Grünen mit Kritik gewürzt. "Gegen mehr Büsche ist im Gegensatz zum Verzicht auf die Umweltzone nichts einzuwenden", urteilt die Stadtentwicklungsexpertin der Grünen, Claudia Hämmerling. Im taz-Interview forderte Schmidt, die Einführung der Umweltzone zum Januar 2008 abzublasen, weil der bürokratische Aufwand dafür hoch sei, eine Umweltzone aber kaum für bessere Luft sorge. Stattdessen sollten Büsche und Bäume entlang viel befahrener Straßen Feinstaub auffangen.

Die Luftreinhalterichtlinie der EU zwingt ihre Mitgliedsländer seit Anfang 2005, die Luftqualität in ihren Städten zu verbessern. Der Senat hat daher die zweistufige Einführung der Umweltzone innerhalb des S-Bahn-Rings beschlossen. Benziner ohne Katalysator und Dieselfahrzeuge werden von dort nach und nach verbannt.

Auch in Mitte regt sich Zustimmung zu der Idee, Feinstaub in die Büsche zu schlagen. "Wir planen bereits, Bäume auf den Mittelstreifen der Karl-Marx-Allee zu pflanzen, wo heute noch Parkplätze stehen", sagt Wolfgang Leder vom Grünflächenamt Mitte. "Auch am neuen Einkaufszentrum Alexa am Alexanderplatz werden Bäume gepflanzt." Für Pflanzungen und Pflege auf Mittelstreifen und am Straßenrand sind weitgehend die Bezirke zuständig. "Aber Sträucher sind kein Allheilmittel gegen Feinstaub", urteilt Leder. Laubpflanzen beispielsweise binden im Winter kaum Feinstaub, weil ihnen dann die Blätter fehlen. An Nadelhölzern hingegen haften Stäube das ganze Jahr über. "Die sind jedoch im Stadtbild kaum verbreitet."

Größere Bedenken hegt das Grünflächenamt von Friedrichshain-Kreuzberg. "Wir müssen die Finanzierung im Auge behalten", sagt Fachbereichsleiter Hilmar Schädel. "Pflanzen müssen regelmäßig gewässert und gestutzt werden, und das kostet." Seit zehn Jahren, berichtet Schädel, halte der Senat die Bezirke dazu an, bestehende Beete sogar durch Rasenflächen zu ersetzen. Rasen sei pflegeleichter und könne nicht bis auf Augenhöhe der Autofahrer zu wachsen und so ihre Sicht einzuschränken.

Hängt es also an der Spendierfreude des Senats, ob Berlins grüne Lunge wächst? Zumindest liegt es in seiner Hand, den Erfolg der selbstgeplanten Umweltzone zunichtezumachen, urteilt Grünen-Politikerin Hämmerling. Die von Rot-Rot bewilligte und mitfinanzierte Verlängerung der Stadtautobahn A 100 um drei Kilometer von Neukölln in Richtung Spree hält sie für hanebüchen. "Dass der Verkehrsstrom direkt in die Umweltzone gelenkt wird, ist aberwitzig."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.