Boxen: Keine Schraube locker

Arthur Abraham wurde bekannt, weil er acht Runden lang mit gebrochenem Kiefer und blutendem Gesicht boxte und siegte. Seine nächste WM-Titelverteidigung steht bevor.

Der "Blutboxer" hat Mitleid mit Mike Tyson Bild: dpa

"Das Image des Blutboxers stört mich nicht", sagt Arthur Abraham. Entspannt sitzt er auf einer Terrasse auf dem Gelände des Bundesleistungszentrums Kienbaum in Brandenburg. Bis zum heutigen Mittwoch dauert sein Trainingslager, dann macht sich Abraham auf den Weg nach Berlin. Am kommenden Samstag muss der Profiboxer in der Max-Schmeling-Halle wieder einmal seinen Weltmeistertitel verteidigen; diesmal gegen Khoren Gevor, der wie Abraham aus Armenien stammt.

"Blutboxer" nennt die Bild-Zeitung Arthur Abraham, seit er im September vergangenen Jahres seinen WM-Titel im Mittelgewicht des Verbandes IBF acht Runden lang mit gebrochenem Kiefer verteidigte. Abrahams Blut bedeckte den Ringboden, sein Kiefer war verformt, die Bilder prägten sich ein. "Bei Abbruch des Kampfes hätte ich auch 22 Schrauben in den Kiefer bekommen", sagt er, "aber jetzt habe ich 22 Schrauben im Kiefer und einen Weltmeistertitel." Der damalige Kampf in Wetzlar gegen Edison Miranda aus Kolumbien zeigte die ungeheure Willensstärke des 27-Jährigen, die auch dann noch ungeheuer ist, wenn er sie elegant formuliert: "Ich liebe es überhaupt nicht, zu verlieren." Der Kampf zeigte seine boxerischen Qualitäten. "Er hat ja nach der Verletzung noch besser geboxt als vorher", sagt sein Trainer Ulli Wegner vom Sauerland-Boxstall, "mehr auf Distanz, taktisch klüger."

1995 kam Abraham als Avetik Abrahamyan von Armenien nach Deutschland, seit 2003 ist er Boxprofi. Am Anfang galt er noch als bloßer Puncher, als einer, der sich immer auf seine Schlagkraft verlässt und dafür die Deckung vernachlässigt. "Das ist vorbei", sagt Ulli Wegner, "er ist taktisch viel reifer, sein Boxstil ist durchgängiger geworden." Abraham nimmt seinen Beruf sehr ernst. "Man muss Respekt haben", sagt er über seine Gegner. "Unter den ersten zehn der Weltrangliste gibt es keine schlechten Boxer." Ulli Wegner hält seinen Schützling für einen sehr guten, "er steht am Anfang einer Weltkarriere". Abraham sagt das so nicht, aber er analysiert genau, wie andere Weltkarrieren verlaufen sind. "Mein Vorbild ist der junge Tyson. Er war sehr aggressiv, die Schlaghärte war sehr gut." Der Bruch in Tysons Boxkarriere sei nicht erst durch seine Verurteilung wegen Vergewaltigung passiert. "Nein, sein ganzes Leben besteht aus lauter Brüchen. Er war kein so intelligenter Boxer." Abraham bedauert Tyson. "Heute muss man ja Mitleid mit ihm haben."

Auch ökonomisch plant Abraham seine Karriere genau. Ein Angebot des neuen Hamburger Boxstalls Arena über 3,3 Millionen Euro für die nächsten drei Kämpfe lehnte er ab. Bei Ulli Wegner rechnet er sich bessere Perspektiven aus. Und Wegner sagt: "Ich bin und bleibe Sauerland-Mann." Der Promoter Wilfried Sauerland hat aus dem unbekannten Armenier, den er 2003 als Sparringspartner für Sven Ottke holte, einen Weltmeister gemacht. Abrahams Vertrag geht noch bis 2010, und bei Sauerland möchte Abraham auch bleiben, wenn es mit der großen Weltkarriere endlich losgeht. "Zu Kämpfen reise ich gerne in die USA", sagt er, angesprochen auf die größeren Kampfbörsen, die es dort gibt, "aber leben möchte ich dort nicht. Amerika hat nicht dieses Niveau, das Deutschland hat."

Seit seinem blutigen Kampf ist Arthur Abraham auch in den USA über die enge Boxsport-Community hinaus bekannt. Das will er ausnützen. "Mit großer Wahrscheinlichkeit wird mein nächster Kampf, nach dem gegen Khoren Gevor, in Amerika sein", berichtet er. Der Gegner steht noch nicht fest, aber Abraham würde gerne gegen Jermain Taylor antreten, den Mittelgewichtsweltmeister des Verbandes WBC.

In Deutschland gibt es auch einen Weltmeister im Mittelgewicht: Felix Sturm trägt den Titel der WBA und boxt für den Sauerland-Konkurrenten Universum. "Sturm ist ein frischer Weltmeister", bescheinigt ihm Abraham mit weltmeisterlicher Arroganz. "Er soll erst mal eine Titelverteidigung machen, dann sehen wir weiter." Dass es dennoch einmal zu einem Abraham-Sturm-Kampf kommt, will er nicht ausschließen.

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