Handball: Artisten vor dem Sprung an die Spitze

Mit potenten Geldgebern im Rücken wollen die Rhein-Neckar-Löwen die deutsche Handball-Szene aufmischen

Gesundes Selbstbewußtsein: Nationalkeeper Henning Fritz. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Rhetorisch sind die Rhein-Neckar-Löwen schon weit vorn. "Wir wollen in der stärksten Handball-Liga der Welt eine Macht werden", so formuliert es Henning Fritz, der Weltklassetorwart. Kreisläufer Christian Schwarzer sieht etwas "Großes im Aufbau". Wenn der Klub so weiter arbeite, so hat er es im Fachorgan Handballwoche erklärt, "kann es schon etwas mit dem Titel werden". Der ganze Umfeld sei bereits mit dem FC Barcelona vergleichbar, dem erfolgreichsten Handballklub der Welt. Worte, die Gewicht haben im Handball. Sind beide Profis doch im Februar Weltmeister geworden, dazu sehr erfahren. Der 37-jährige Schwarzer hat in seiner Karriere 310 Länderspiele bestritten, der 32-jährige Torwart ebenfalls weit über 200. Heute steht das Duell Aufsteiger gegen Establishment erstmals an: Beim Supercup in der ausverkauften Münchner Olympiahalle, dem traditionellen Saisonauftakt, treffen die Löwen aus dem Südwesten erstmals auf den Deutschen Meister und Champions-League-Sieger THW Kiel (20 Uhr, DSF). Und dürfen zeigen, ob sie auch schon auf dem Spielfeld mithalten können.

Erstaunlich genug angesichts dieser angriffslustigen Zitate, dass sich ausgerechnet Manager Thorsten Storm dezent zurückhält. Zählt der Nordfriese, der im Sommer von der SG Flensburg-Handewitt nach Mannheim wechselte, doch bekanntlich zu den Lautsprechern der Liga. Nun aber, da die Handballwelt die ambitionierten Aktivitäten seines Teams mit Argusaugen verfolgt, dämpft der Manager die Erwartungen. Das Umfeld, die Netzwerke und die wirtschaftlichen Möglichkeiten, betont Storm, seien erstklassig in dieser Region um Mannheim, vor allem SAP-Gründer Hopp und der Hockenheimer Unternehmer Harder stehen für das Potenzial.

Eine Spitzenmannschaft sei jedoch nicht innerhalb eines Sommers zu formen. "Wir sind noch lange nicht so weit wie der THW Kiel oder der HSV Hamburg", meint Storm, "das sind Champions-League-Teilnehmer, wir wollen da erst noch hin." Storms Zielvorgabe: ein Platz unter den ersten fünf.

Das Understatement des Managers wird freilich andernorts belächelt. Nicht nur, dass Manager wie Kiels Uwe Schwenker oder Flensburgs Fynn Holpert die Löwen um ihren attraktiven Standort und die supermoderne Arena mit ihren 14.000 Plätzen beneiden. Auch der Kader, der knapp sechs Millionen Euro kostet, ist bereits dieses Jahr exzellent besetzt. Neben Fritz, der nach langem Theater aus Kiel einen Neuanfang wagt, und Schwarzer (aus Lemgo) hat schließlich mit Abwehrspezialist Oliver Roggisch (aus Magdeburg) ein weiterer Weltmeister den Weg nach Mannheim gefunden, auch er gilt wie Schwarzer als ausgesprochener Siegertyp. Mit Kreisläufer Andrei Klimovets und dem jungen Aufbauspieler Michael Haas stehen damit fünf Weltmeister im Löwen-Kader, dazu mit Torwart Michael Szmal und dem torgefährlichen Linkshänder Mariusz Jurasik zwei Vize-Weltmeister aus Polen. Nicht zu vergessen, dass Aufbauspieler Oleg Velyky zu den besten Individualisten des Welthandballs zählt. Und für das nächste Jahr hat Storm bereits, ebenfalls ein spektakulärer Coup, die allerorts begehrten Rückraumspieler Karol Bielecki und Grzegorz Tkaczyk (beide Magdeburg) verpflichtet. Und ist dran an einem weiteren deutschen Weltmeister: Linkshänder Holger Glandorf (HSG Nordhorn) - um das Projekt, eine Mannschaft aus vielen deutschen Stars zusammenzustellen, weiter voranzutreiben.

Im Gegensatz zu Storm ist Trainer Iouri Chevtsov eher ein Mann der leisten Töne. "Es ist nicht mein Job, über Erfolg zu sprechen, sondern ihn herbeizuführen", sagt Chevtsov, der als Spieler Weltmeister (1982) und Olympiasieger (1988) war und als Trainer bereits Lemgo zur deutschen Meisterschaft (1997) und Essen zum Europapokalsieg (2005) führte. Aber der Weißrusse hat auch verstanden, dass es auch um die Unterhaltung geht. "Wir sind Artisten und spielen für die Zuschauer", weiß er. Schon vor zwei Jahren, als er bei den Löwen, die damals noch SG Kronau-Östringen hießen, seine Arbeit begann, formulierte er ein ehrgeiziges Ziel: "Ich möchte als Trainer gegen den FC Barcelona gewinnen." Es gibt nicht wenige, die das nur noch für eine Frage der Zeit halten. ERIK EGGERS

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