Linke: Lafontaines Alleinherrschaft bröckelt

Der Parteichef der Linken hat neuen Ärger: Die Programmkommission soll nicht so besetzt werden, wie er es will.

Nachdenklicher Blick nach links: Oskar Lafontaine Bild: dpa

BERLIN taz Gegen die Dominanz Oskar Lafontaines, seinen alleinigen Machtanspruch und seinen autoritären Führungsstil regt sich in der Linken zunehmend Widerstand. Der Streit um die Familienpolitik, der nach dem Kompromiss vom Wochenende nicht ausgestanden sein wird, ist nur ein Beispiel dafür.

Ein anderes: das Scheitern des von Lafontaine favorisierten Spitzenkandidaten der Linken für die hessische Landtagswahl 2008. Nicht Dieter Hooge, früherer DGB-Landesvorsitzender und ehemaliger Sozialdemokrat, wird die hessische Linkspartei in den Wahlkampf führen, sondern der überzeugte Kommunist Pit Metz (Portrait Seite 2). Das dürfte das Vorhaben des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Lafontaine erschweren, die Linke durch den Einbruch in SPD-Milieus in den Landtag zu führen.

Und als ob das noch nicht genug wäre, droht an einer dritten Front Ärger. Die Besetzung der wichtigen Programmkommission wird möglicherweise nicht so ablaufen, wie Lafontaine und sein Kovorsitzender Lothar Bisky sich das gedacht haben. Ihr ursprünglicher Plan sah vor, die Kommission mit je einem Vertreter aus allen 16 Landesverbänden der Linkspartei zu besetzen. Eine entsprechende Vorlage von Lafontaine und Bisky hat der Parteivorstand am Samstag abgelehnt. Die offizielle Begründung: Mehrere Genossen hätten darauf gedrungen, das Gremium kleiner und damit arbeitsfähiger zu machen. Bis zur nächsten Vorstandssitzung am 13. Oktober sollen die beiden Parteichefs einen neuen Vorschlag präsentieren.

Die Linke hat sich im Juni auf der Grundlage "programmatischer Eckpunkte" gegründet. Die Kommission hat die Aufgabe, das erste Programm der neuen Partei zu schreiben. Sie wird damit auch der Ort sein, an dem die entscheidenden politischen Kämpfe über die Frage ausgetragen werden, was eine moderne Linke heute ausmacht. Deswegen ist die Besetzung der Kommission keine Formalie, sondern eine wichtige Vorentscheidung über die Kräfteverhältnisse innerhalb der Partei - und die Richtung des Programms.

Die Frage ihrer Arbeitsfähigkeit ist also noch das geringste Problem für die Kommission. Die ostdeutschen Landesverbände im Allgemeinen und die Reformer der früheren PDS im Besonderen fürchten, durch eine zahlenmäßige Überlegenheit der westdeutschen Landesverbände an den Rand gedrängt zu werden. Lafontaine hätte es dann leichter, seine radikaloppositionellen Positionen zum offiziellen Programm zu erklären.

Einer der wichtigsten programmatischen Köpfe der früheren PDS, Michael Brie - Bruder des Europapolitikers André Brie -, bringt diese Sorge auf den Punkt. Bei Lafontaine dominiere "taktisches Handeln", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, "alles Realpolitische stört". Sein Führungsstil blockiere eine Debatte, die der Kompliziertheit von Fragen wie etwa den Auslandseinsätzen der Bundeswehr angemessen wäre. Die PDS habe nie eine strategische Führung gehabt - in diese Leerstelle stoße Lafontaine mit seinen Definitionen dessen, was heute links sei.

Wenn es nach dem Willen von Bisky geht, soll Lafontaine-Kritiker Michael Brie genauso in der Programmkommission sitzen wie Dieter Klein, der geistige Vater aller PDS-Reformer. Bisky jedoch sitzt zwischen den Stühlen. "Ich will, dass das Programm in allen Landesverbänden breit diskutiert wird", sagte er am Montag zur taz. Seine Vorstellung: Eine kleine Gruppe erarbeitet den Programmtext, die Programmkommission mit Vertretern aus allen 16 Landesverbänden debattiert und überarbeitet ihn. In der nächsten Vorstandssitzung wird er den gescheiterten Vorschlag also einfach nochmal einbringen. JENS KÖNIG

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