Stadtplanung: "Ich halte nichts von diesen Ufos"

Unter Einkaufscentern wie dem Alexa leiden oft Geschäfte im Umfeld, sagt der Stadtplaner Rolf Junker. Statt das Viertel aufzuwerten, siedelten sich vor allem Billigläden an.

taz: Herr Junker, was richten Einkaufscenter in Innenstädten an?

Rolf Junker: Sie suggerieren neue Einkaufswelten - wie die Warenhäuser vor hundert Jahren und davor noch die Einkaufspassagen. Sie verleiten den Kunden zum Verweilen. Nun haben wir in deutschen Innenstädten allgemein schon ziemlich viel Verkaufsfläche, und die Einkaufscenter bieten dasselbe Warensortiment, wie man es in den Innenstädten sowieso schon findet. So kommt es - je nach Lage und Größe des Centers - zu unterschiedlich starken Reibungsverlusten und Verdrängungseffekten.

Das bedeutet konkret?

Das bedeutet konkret, dass im günstigen Fall die Innenstadt gestärkt werden kann, weil das Einkaufscenter mehr Käufer bindet und mehr Kaufkraft von außen anzieht; im ungünstigen Fall kommt es zu sogenannten Trading-down-Effekten.

Was heißt das?

Das Warenangebot wird schwächer, 1-Euro-Shops und Piercingstudios entstehen im Umfeld des Centers. Aus der 1a-Lage wird plötzlich eine 1b-Lage, aus der 1b-Lage wird eine 2er-Lage, und langsam stirbt das ganze Umfeld ab. Mieten und der Wert von Grundeigentum sinken dann, und natürlich leidet die Lebendigkeit des Stadtzentrums.

Und wie ist die Situation in Berlin?

In Berlin gibt es eine ganze Reihe von Centern, die auch an die gewachsenen Verkaufslagen andocken.

Zum Beispiel?

Die Schlossstraße in Steglitz zum Beispiel. Hier sind in den vergangenen Jahren gleich drei große Center entstanden oder entstehen noch. Dort werden nach meiner Einschätzung die Geschäfte zwischen den Centern noch relativ gut gestärkt. Aber die Randlagen leiden. Leerstände entstehen - schleichende Prozesse des Verfalls und des Niedergangs. Allgemein denke ich, dass zumindest in den Großstädten der Zenit des Einkaufszentrumsbooms erreicht ist.

Wie wird sich das neue Megacenter Alexa in Mitte einfügen?

Das Alexa genießt aufgrund der Lage im Fastzentrum der Stadt eine relative Ausnahmeposition. Viele Touristen und Geschäftsleute werden dorthin kommen. Der Struktur nach richtet es sich zwar in erster Linie an den Berliner Kunden; der Touristen-Anteil wird aber gerne mitgenommen, indem die Betreiber das Warenangebot auf ihn ausrichten.

Kann das Alexa denn dabei helfen, den Alexanderplatz zu einem richtigen Zentrum zu machen?

Ich denke, dass ein Center wie das Alexa, das sich von der ganzen Architektur her nach innen kehrt und versucht, die Kunden wie ein Staubsauger nach innen zu ziehen, das Gegenteil bewirkt. Wer die Innenstadt wirklich mit einbinden will, baut andere Center. Solche, die offener sind; das gilt für die Eingänge ebenso wie für Schaufenster und vor allem die Bauform: nicht einen Block, sondern zwei oder drei Blöcke, die sich zur Stadt hin öffnen. Ich habe große Vorbehalte vor diesen geschlossenen Ufos, die sich irgendwo hinsetzen und dann ihr Eigenleben entwickeln.

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