Bahnverkauf: Länder warnen den Bund

Die Bundesländer bekräftigen ihre Kritik amTeilverkauf der Bahn. Der Gesetzesentwurf kommt jetzt in den Bundestag. Eine Entscheidung fällt erst im Oktober.

Bild: dpa

Die Bundesländer beharren auf Änderungen bei der geplanten Bahnprivatisierung. "Es ist zwei Minuten vor zwölf", sagte am Montag Sachsen-Anhalts Verkehrsminister und Vorsitzender der Länderverkehrsministerkonferenz, Karl-Heinz Daehre (CDU), bei der Vorstellung des neuen Bahngutachtens in Berlin. Der Bund habe nun die "letzte Chance", auf die Länder zuzugehen. Andernfalls habe das Vorhaben, dem die Länder im Bundesrat zustimmen müssen, keine Aussicht auf Umsetzung. Hauptkritik des Gutachtens ist: Das Vorhaben sei nicht verfassungskonform, gefährde die Bahninfrastruktur und sei nicht wirtschaftlich. Das umstrittene Gesetz soll noch in dieser Woche wie geplant in den Bundestag eingebracht werden.

Zwar hält die große Koalition damit am Zeitplan für das Vorhaben fest, das eine breite Mehrheit der Bevölkerung ablehnt und auch in den Regierungsparteien umstritten ist. Allerdings ging SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag auf die Kritiker zu. Im Gesetzgebungsverfahren werde es, wie bei jedem anderen Gesetz auch, noch Veränderungen geben.

Mehrere Hürden muss das Gesetz noch nehmen: Bundestag, Bundesrat und Bundespräsidialamt. Schon bei der Privatisierung der deutschen Flugsicherung habe der Bundespräsident seine Unterschrift unter das Gesetz verweigert, warnte der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU). Das Gutachten der Länder stelle fest, dass die geplante Bahnprivatisierung verfassungswidrig sei.

Die Bundesländer wollen nun auf einer Sonderverkehrsministerkonferenz am 25. September in Berlin ihre Positionen zur Bahnprivatisierung abstimmen. Bis zur regulären Verkehrsministerkonferenz am 9./10. Oktober in Merseburg wollen die Länder dann eine gemeinsame Position finden. Am Freitag will der Bundestag das Gesetz beraten. Eine abschließende Lesung, bei der das Gesetz beschlossen werden könnte, soll erst Anfang November nach dem SPD-Parteitag stattfinden. Erst danach wäre der Bundesrat wieder am Zug.

Möglich ist also folgendes Szenario: Die Delegierten des SPD-Parteitages könnten Ende Oktober dem Vorhaben eine so deutliche Absage erteilen, dass es den Parlamentariern leichter fällt, dem Vorhaben die Zustimmung zu verweigern. Schließlich lehnen mehrere SPD-Landesverbände das Vorhaben ab.

NRW-Verkehrsminister Wittke verwies am Montag auf die Dramatik des Vorhabens. "Wir haben im Unterschied zu anderen Reformen nur einen Schuss frei." Sei die Bahn erst einmal verkauft, sei es zu spät. Dabei gehe es darum, dass der Staat die Möglichkeit habe, über die Verkehrsinfrastruktur zu bestimmen. "Der ADAC und die Logistikverbände entscheiden auch nicht darüber, wo Straßen gebaut und saniert werden." Brandenburgs Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD) forderte mehr Mitsprache der Länder bei der Verwendung der Investitionsmittel von 2,5 Milliarden Euro jährlich, die der Bund der Bahn für die Instandhaltung der Schienen zahlen will.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, sein Haus halte den Gesetzentwurf nach wie vor verfassungskonform. Der Entwurf sei zudem geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs in Deutschland zu stärken. Auch die Bahn wies die Kritik des Ländergutachtens zurück. Eine angeblich drohende Stilllegung von bis zu 10.000 Kilometern Strecke sei abwegig, sagte Bahn-Vorstandsmitglied Otto Wiesheu. Die Bahn selbst könne keine Strecken stilllegen. Er gehe davon aus, dass die Länder in anstehenden Verhandlungen mit dem Bund Lösungen zur Finanzierung des Nahverkehrs erreichen würden.

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