Kommentar Terrorcamp: Symbolische Offensive

Brigitte Zypries Gesetzesentwurf zur Terrorbekämpfung schließt nur Strafbarkeitslücken, die in der bisherigen Praxis keine Rolle spielten

Justizministerin Zypries will künftig den Besuch von Terrorlagern und die Herstellung oder Beschaffung von Waffen oder Stoffen, die zur Ausführung eines Anschlags erforderlich sind, unter Strafe stellen. Doch: Ihr Gesetzentwurf schließt nur Strafbarkeitslücken, die bisher in der Praxis keine Rolle spielten. Er hätte der Polizei weder das Vorgehen gegen die Dschihad-Zelle um Fritz G. erleichtert noch die versuchten Kofferbomben-Anschläge vom letzten Jahr verhindert. Der Gesetzentwurf also zeugt lediglich davon, dass sich die SPD in sicherheitspolitischen Fragen in die Defensive gedrängt fühlt.

Die drei Dschihadisten, die jüngst im Sauerland festgenommen wurden, gelten zum Beispiel als terroristische Vereinigung und werden vermutlich auch dementsprechend bestraft werden. Schon seit dem April lief das entsprechende Ermittlungsverfahren. Die Polizei griff aber nicht zu, sondern beobachtete die Gruppe, um die Strukturen möglichst gut abzuklären. Die Identifizierung und Festnahme vermeintlicher Hintermänner gelang am Ende zwar nicht - das Beispiel zeigt aber, dass die Polizei schon aus ermittlungstaktischen Gründen bei Terrorvorbereitungen gar nicht möglichst früh zugreifen will.

Bei den beiden Kofferbombern von Nordrhein-Westfalen hätte es vielleicht geholfen, wenn man sie schon für das Herunterladen einer Bombenbauanleitung hätte bestrafen können. Allein, die Polizei wusste gar nichts von diesen Anschlagsvorbereitungen.

Es war bezeichnend, dass Zypries gestern keinen Fall nennen konnte, bei dem ihre neuen Strafvorschriften erforderlich gewesen wären. Es geht hier wirklich nur noch um die Befriedigung symbolpolitischer Bedürfnisse. Immerhin hat die Justizministerin es gewagt, hohe rechtsstaatliche Hürden einzubauen, die die Anwendbarkeit der geplanten neuen Normen reduzieren. Schon deshalb wird es um diese Vorschriften wohl noch heftige Auseinandersetzungen geben - und das kommt sicher der Union entgegen, die weiter den starken Max spielen kann.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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