Kunst im TV: Der Wende Anfang

Mit "Stations. Meisterwerke zeitgenössischer Kunst" wird heute bei 3sat ein TV-Klassiker neu aufgelegt. Kehrt nun die Kunst ins Fernsehen zurück?

"Stations"-Moderator Ernst A. Grandits Bild: Klaus Weddig/ZDF

Wenn der ehemalige Öffentlich-Rechtliche Manfred Eichel über die Öffentlich-Rechtlichen spricht, klingt das so: "läppisch!", "husch husch!" oder "oberflächlich!" Manfred Eichel spricht von Kunst im Fernsehen. Er hat "aspekte" und das "Literarische Quartett" geleitet, war Chefkorrespondent für Kulturthemen beim ZDF und lehrt Kulturjournalismus an der Berliner Universität der Künste. Und er sagt: "Weniger Kunst als heute geht fast nicht. Und wenn sie vorkommt, kommt das Spektakuläre ins Bild, nicht das Feine."

Ob früher also alles besser war? Nun ja, sagt er. "Man sollte in den gegenwärtigen Zeiten der Dürre nichts verklären, sondern nur nüchtern feststellen, dass es früher ganz sicher mehr Kunst im Fernsehen gab." Exemplarisch verweist er auf die alte "Meisterwerke"-Reihe. Andere Liga, sagt er sinngemäß. Im Vollprogramm. Längere Beiträge. Heute undenkbar.

Wibke von Bonin war für die Reihe verantwortlich. Unter dem Titel "100 Meisterwerke aus den großen Museen der Welt" - später wurden "1000 Meisterwerke" daraus - lief sie von 1981 an 15 Jahre lang in der ARD. Von Bonin sagt: "Dass die Sendung im Ersten lief und das regelmäßig, war auch damals schon erstaunlich." Ein guter Draht zur Programmdirektion sei verantwortlich dafür gewesen, dass sie den Sendeplatz bekommen habe.

Fakt jedenfalls ist: Heute findet Kunst vor allem in den Spartenkanälen statt, bei Arte oder 3sat. Oder im Internet. Unter www.artsite.tv existiert der erste aktuelle Kunstkanal im Netz. Die Kunsthistorikerin Anne Kaestner, eine der Gründerinnen, sagt: Dort könnten sie "in die Tiefe gehen" - also tun, was die Öffentlich-Rechtlichen, so die Kritik etwa von Eichel, nicht mehr täten. Ein Zeichen dafür, dass die Kunst im Fernsehen wieder eine große Rolle spielt, ist das nicht - nur dafür, dass es ein Nischeninteresse gibt. Denn anders als die Öffentlich-Rechtlichen ermöglicht das Internet alle denkbaren Nischen.

Für Mittwoch aber hat Manfred Eichel "möglicherweise den Anfang einer Wende" datiert: Um 19.20 Uhr startet im Rahmen der 3sat-Sendung "Kulturzeit" das zehnteilige, zweiwöchentlich ausgestrahlte Format "Stations. Meisterwerke zeitgenössischer Kunst", das in Zusammenarbeit mit dem Kunstmagazin Monopol entsteht. Man könnte es für überhöht halten, dies als Wendepunkt für die Kunst im Fernsehen zu interpretieren - denn die Beiträge, die dort, zumal in einem Spartenkanal, über "Meisterwerke" laufen (heute über Andreas Slominski und sein "Fahrrad eines Wohnsitzlosen"), sind nur wenige Minuten lang.

Und doch: In Zeiten, in denen das Sammeln von Kunst avantgardistischer ist als das von Platten, wird nun immerhin das prominenteste Kunstformat reanimiert, das es im deutschen Fernsehen je gab. Das Thema Kunst gewinnt an Bedeutung, und die Öffentlich-Rechtlichen scheinen aufzuspringen. Oder zumindest "erheben sie sich langsam", sagt Manfred Eichel, "das entspricht eher ihrem Temperament".

Ob die "Meisterwerke"-Neuauflage aber wirklich dazu führt, dass bald tatsächlich mehr Kunstthemen auch im Vollprogramm von ARD und ZDF verhandelt werden, muss als offen gelten. Wibke von Bonin sagt: "Das liegt an den Zuschauern. Die müssen sagen: Wir wollen das." Und so hat sie eine kleine, sehr subversive Botschaft an die Zuschauer der neuen 3sat-"Meisterwerke"-Reihe: "Bitte: Waschkörbe voller Dankschreiben an die Macher!"

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