Kommentar Putin-Sarkozy: Realpolitik in Moskau

Statt des angekündigten neuen Tons gegenüber Moskau hat Sarkozy dort Wasser in seinen Wein geschüttet - auch angesichts des russischen Öls und Gases.

Als er noch ein Wahlkämpfer war, hat der französische Präsident gerne, oft und laut Moskau kritisiert. Für Nicolas Sarkozy war das einerseits eine Distanznahme von Amtsvorgänger Jacques Chirac, andererseits war es Teil von Sarkozys Werben um die Unterstützung durch einstmals linke französische Menschenrechtler, etwa den Philosophen André Glucksman oder den jetzigen Außenminister Bernard Kouchner, die ein Engagement gegen die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien verlangen.

Fünf Monate nach seinem Amtsantritt hat Nicolas Sarkozy nun Moskau besucht und nach einem dreistündigen Gespräch mit Wladimir Putin geschwärmt, es sei "voller Annäherungen" gewesen. Auch in den beiden zentralen Fragen der internationalen Diplomatie, bei denen sich Frankreich und Russland im Weltsicherheitsrat uneinig waren: mehr Sanktionen gegen Iran und die Unabhängigkeit für den Kosovo - beides lehnt Moskau ab.

Es ist Teil der Dialektik à la Sarkozy, dass er vor seiner Moskaureise die Staatschefs aus der Ukraine, Polen und Tschechien getroffen hat und dass er bei einem vorausgegangenen Blitzbesuch in Bulgarien erklärte, Russland "kompliziere die großen internationalen Probleme eher, als dass es sie löse". Und es erinnert an die Strategie des US-Präsidenten, der vor Moskau-Besuchen regelmäßig Putin-kritische Initiativen zu sich einlädt. In Moskau angekommen, beschränkte der französische Präsident seine Appelle für Menschenrechte und Pressefreiheit auf einen Auftritt vor Ingenieuren und Technikern in der Bauman-Universität.

Während des französischen Wahlkampfs hat die politische Spitze in Moskau auf eine Präsidentin Ségolène Royal gesetzt und gereizt auf Sarkozy reagiert. Doch kaum war Letzterer in den Élysée-Palast eingezogen, prognostizierten erfahrene russische Realpolitiker, dass Sarkozy schon bald - auch angesichts des russischen Öls und Gases - einlenken würde. Das ist in Moskau nun geschehen. Statt den angekündigten neuen Ton gegenüber Moskau anzuschlagen, hat Sarkozy dort Wasser in seinen Wein geschüttet.

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