Holpriger Dialog: Muslimrat kommt nicht in die Gänge

Sechs Monate nach seiner Gründung ist der Koordinierungsrat der Muslime (KRM) noch immer umstritten.

Repräsentieren diese fünf Herren wirklich alle Muslime? : dpa

BERLIN taz Bekir Alboga hat große Pläne. "Ich möchte während meiner Amtszeit die Grundlage für eine neue Struktur legen", sagt der Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime (KRM) und schiebt hinterher: "Ich will in den einzelnen Bundesländern jeweils einen Rat gründen."

Erst seit drei Wochen ist Alboga, Dialogbeauftragter des Moscheen-Dachverbandes Ditib, Sprecher des KRM. Dieser feiert gerade sein halbjähriges Bestehen, für Alboga aber nicht nur ein Grund zum Jubeln. Denn als Sprecher des Rats übernimmt er eine schwere Aufgabe.

Der Verband ist nach wie vor umstritten, die ersten sechs Monate waren holprig. "Jeder macht Fehler, dass haben wir sicherlich auch gemacht", räumt Alboga ein. Sein Vorgänger Ayyub Axel Köhler, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, habe den "schwierigen Anfang aber gut gemeistert".

Dabei war es gerade Köhler, der zu Anfang nicht gerade für Begeisterung gesorgt hatte. Bei der letzten Islamkonferenz hatte er Ibrahim el-Zayat im Schlepptau und löste damit eine heftige Debatte aus. Denn die von Zayat geleitete Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) gilt nicht gerade als integrationsfördernd. Als sich Köhler dann in einem Interview für getrennten Sportunterricht aussprach, schien das ohnehin fragile Gebilde auseinanderzubrechen. Seitdem stockt die Arbeit des Rats, lediglich die Internetseiten der Verbände wurden überarbeitet.

"Aber bei den Arbeitsgemeinschaften der Islamkonferenz hat der jeweilige Ratssprecher immer das erste Wort", entgegnet Aboga und bezeichnet dies als ein Zeichen der Akzeptanz.

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde, glaubt hingegen nicht an den Einfluss des Verbandes. "Der KRM konnte bisher keine religiöse Fragen voranbringen", kritisiert Kolat. "Das wird sich auch nicht ändern."

Dabei hatte alles so enthusiastisch begonnen, als sich im März vier große muslimische Verbände zu einer Allianz vereinten. Die Sprecher der Verbände küssten sich vor 15.000 Menschen in der Kölnarena auf die Wangen und streckten ihre Arme feierlich empor. Mit dem Zusammenschluss wurde dem Wunsch der Bundesregierung nachgegeben, die ein repräsentatives muslimisches Sprachrohr forderte und sich damit einen besseren Dialog mit den Anhängern des Islam erhofft hatte.

Doch seit dem Zusammenschluss steht der Verband unter Beschuss von allen Seiten. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bestritt dem Koordinierungsrat den Anspruch, für alle Muslime aufzutreten. Ali Toprak, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde, bezeichnete den Rat als "verlogen" und sprach diesem ebenso den Anspruch ab, für alle Muslime sprechen zu können. Dabei bekam er Rückendeckung von Lale Akgün, Islam-Beauftragte der SPD, die auch heute an ihrer Ablehnung festhält. "In sechs Monaten, wenn Ali Kizilkaya den Ratsvorsitz übernehmen soll, wird es gefährlich", sagt Akgün.

Kizilkaya war Generalsekretär bei Milli Görüs, die von Verfassungsschutzämtern beobachtet und als extremistisch eingestuft wird. Seit 2002 ist er Vorsitzender des Islamrats, der erst kürzlich in die Schlagzeilen geriet. Der stellvertretende Vorsitzende des Islamrats, Abu Bakr Rieger, ist nach der Veröffentlichung einer Rede von 1993 mit antisemitischen Äußerungen zurückgetreten.

Kizilkaya sagt, er habe erst kürzliche von der Aufzeichnung erfahren. Eine Aussage, die Akgün ihm nicht abnimmt. "Das ist mehr als unglaubwürdig", findet die SPD-Bundestagsabgeordnete. Denn das Video sei seit Jahren im Internet frei zugänglich. "Wenn Herr Kizilkaya für alle Muslime sprechen will, werde ich mich persönlich an Schäuble wenden", sagte Akgün.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.