Antidoping-Konferenz: Streit um Ein-Stunden-Regel

Am Freitag verabschiedet die Welt-Antidoping-Agentur ein neues Regelwerk. Die umstrittene Ein-Stunden-Regel wird darin aber nicht international verbindlich gemacht.

IOC-Präsident Jaques Rogge auf der Antidoping-Konferenz in Madrid. Bild: ap

MADRID taz "Von Einigkeit kann keine Rede sein." Für Klaus Müller, den ehemaligen Doping-Analytiker, der im Vorstand der Nationalen Antidoping-Agentur (Nada) für den Bereich Medizin zuständig ist, ist das auch eine gute Nachricht. Denn das neue Regelwerk der Welt-Antidoping-Agentur (Wada), der Wada-Code, der heute von der dritten Welt-Antidoping-Konferenz in Madrid verabschiedet werden soll, wird eine Regel nicht enthalten, gegen die Müller seit langem wettert. Die Entscheidung über die International Testing Standards wird wohl aus dem Paket herausgenommen, das den Delegierten vorgelegt werden soll und erst 2008 wieder behandelt. Damit wird die sogenannte Ein-Stunden-Regel erst einmal nicht international verbindlich. Sie besagt, dass Sportler über einen Zeitraum von drei Monaten für jeden Tag eine Stunde angeben müssen, in der sie für Kontrollen zur Verfügung stehen. Sollten sie in dieser Stunde nicht anzutreffen sein, dann würde das als verpasste Trainingskontrolle gelten. Vorgesehene Sperre für diesen Meldepflichtverstoß: ein Jahr. Müller bezeichnete diese Regel schon lange als völlig unzureichend.

Die Zeiten könnten von den Sportlern so gewählt werden, dass sie schnell wirkende Dopingmittel, die nach kurzer Zeit schon nicht mehr nachgewiesen werden können, etwa das beliebte Testosteronpflaster, anwenden können, ohne einen positiven Test befürchten zu müssen. "Das öffnet dunklen Machenschaften Tür und Tor", so Müller. In Deutschland muss ein Spitzenathlet 24 Stunden am Tag für Dopingkontrollen zur Verfügung stehen. "Damit lässt sich auch nicht jede Lücke schließen", sagt Müller, aber eines sei damit gewährleistet: "Der Sportler kann nicht so tun, als sei er nicht zu Hause, wenn ein Kontrolleur klingelt." Müller hat als Berichterstatter der Antidoping-Kommission des Europarats die deutsche Regelung ebenso beworben wie in vielen Gesprächen hinter verschlossenen Türen. Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hat sich in Madrid am Vortag der Entscheidung über den Wada-Code klar gegen die Ein-Stunden-Regel gestellt.

Damit wird der Wada der große Wurf in Madrid wohl nicht gelingen. Von der geballten Kraft des einigen Sports im Kampf gegen Doping kann keine Rede sein. So wird in Großbritannien und etlichen anderen Ländern wie bisher auch die Ein-Stunden-Regel gelten, während auf die deutschen Sportler die Ganztagesregel angewendet wird. Die weltweite Harmonisierung des Antidopingkampfes, vorrangiges Ziel des Wada-Codes, ist zumindest in diesem Punkt erst einmal nicht zu realisieren. "Ob wir wirklich feiern können, das wird sich morgen zeigen", zeigte sich auch Thomas Bach ein wenig skeptisch.

Auch andere Neuregelungen im Wada-Code sind umstritten. Ob sich der neue Strafrahmen, der festgeschrieben werden soll, in nationales Recht umsetzten lassen wird, ist keineswegs klar. Besonders schwere Dopingvergehen sollen fürderhin mit einer Vierjahressperre belegt werden. Das könnte von ordentlichen Gerichten als faktisches Berufsverbot gewertet werden und hätte dann keinen Bestand mehr. Um endlich mehr Athleten zu Aussagen über die Hintermänner des Dopingsystems zu bewegen, soll der Strafrahmen flexibilisiert werden. Das könnte zur Folge haben, dass ein geständiger Sportler nur etwas mehr als ein halbes Jahr von Wettkämpfen ausgeschlossen wird, statt zwei Jahre außen vor zu sein. Auch das ist nicht unumstritten. Dem ehemaligen Ruderweltmeister Sebastian Thormann, mittlerweile im Nada-Vorstand für die Belange der Athleten zuständig, ist jedenfalls nicht ganz wohl dabei. "Das ist eine absolute Schande", sagte er.

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