Nach Annapolis: Israel baut Siedlung aus

In Ostjerusalem sollen 300 neue Wohneinheiten entstehen. Dabei hatte Regierungschef Olmert vor dem Gipfel in Annapolis einen Baustopp angekündigt.

Zwischen Ostjerusalem und Bethlehem: Die israelische Siedlung Har Homa Bild: rtr

JERUSALEM taz Eine Woche nach der internationalen Nahostkonferenz in Annapolis hat das israelische Bau- und Wohnungsministerium die Errichtung von über 300 Wohneinheiten ausgeschrieben. Die neuen Häuser sollen in Har Homa errichtet werden, einer vor gut zehn Jahren errichteten Siedlung auf halber Strecke zwischen Ostjerusalem und Bethlehem.

Das Gebiet gehöre zum Einzugsbereich "der Hauptstadt", argumentierte Mark Regew, Sprecher von Israels Premierminister Ehud Olmert. "Hier gilt israelisches Recht." Saib Erikat, palästinensischer Chefunterhändler bei den Friedensverhandlungen, verurteilte die "schwere Verletzung der israelischen Verpflichtungen", die den gesamten Friedensprozess gefährden könne.

Noch im Vorfeld des Gipfeltreffens in Annapolis hatte Olmert den Palästinensern den kompletten Baustopp in den jüdischen Siedlungen zugesagt, wie es der vor vier Jahren vereinbarte internationale Friedensplan (Roadmap) vorschreibt. Jerusalem gehört zu den zentralen Themen der Verhandlungen, die am 12. Dezember beginnen sollen. Beide Seiten streben eine Lösung des Konflikts bis Ende 2008 an.

"Die Roadmap ist eine Sache, Jerusalem eine andere", kommentierte Regew den Protest der Palästinenser. Der fortgesetzte Bau "ist keine Neuheit unserer Politik". Israel habe sich "in der Hauptstadt noch niemals selbst Grenzen gesetzt". Wenn ab kommender Woche über Jerusalem verhandelt wird, "werden wir alle unsere Verpflichtungen einhalten und erwarten dasselbe von den Palästinensern", so Regew.

Die Ausschreibung des israelischen Bauministeriums kommt zu einem überraschenden Zeitpunkt. Nicht nur, dass Olmert erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal seine Bereitschaft zu territorialen Kompromissen in Jerusalem signalisierte. Israel unternimmt zudem eine Reihe von politischen Gesten, um Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf innerpalästinensischer Bühne den Rücken zu stärken. Diese Woche wurden gut 400 Häftlinge aus den Gefängnissen entlassen. In Jerusalem setzt man offenbar auf Zuckerbrot und Peitsche.

Jariv Oppenheimer, Chef der israelischen Bewegung "Frieden jetzt", die regelmäßig Berichte über das Baugeschehen in den jüdischen Siedlungen veröffentlicht, nannte die Entscheidung eine "Provokation", die "Zweifel an Israels Bereitschaft zum Frieden" aufkommen lasse. Jerusalem wird mit den Siedlungen im Osten der Stadt immer mehr zu einem Flickenteppich. Eine Teilung entlang der Waffenstillstandslinie 1967 ist kaum noch möglich. Nichts anderes fordern indes die Palästinenser. An der Jerusalemfrage scheiterte bereits die letzte Runde intensiver Friedensverhandlungen im Sommer 2000 in Camp David.

Der anhaltende Bau von Siedlungen gilt auf palästinensischer Seite als das größte Hindernis im bilateralen Annäherungsprozess. Erikat appellierte an die USA und das sogenannte Nahost-Quartett, dem auch die UNO, die EU und Russland angehören, "alle notwendigen Schritte zu unternehmen", um weitere "Landenteignungen und die Zuwanderung neuer Siedler" ins Westjordanland zu unterbinden.

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak kündigte unterdessen einen Gesetzentwurf an, der Siedlern, die jetzt freiwillig nach Israel ziehen wollen, eine Entschädigung für ihre Häuser sichern würde. Dabei geht es um rund 65.000 Siedler, die auf palästinensischer Seite der Trennanlagen leben. Die Dachorganisation der jüdischen Siedler, Jescha, reagierte zynisch: "Die Öffentlichkeit in Judäa und Samaria wird ihre Prinzipien und ihre Loyalität zu Eretz Israel nicht für Bestechungsgelder aufgeben."

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