Gestiegene Inflationsrate: EZB in der Zwickmühle

3,1 Prozent: Höher waren die Inflationsrate seit 14 Jahren nicht. Um gegenzusteuern müsste die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhen. Das könnte die Konjunktur abwürgen.

Steht vor einer schwierigen Entscheidung: EZB-Chef Jean-Claude Trichet Bild: rtr

Dass alles immer teurer zu werden scheint, ist keine Einbildung. Die Inflationsrate ist in Deutschland zum ersten Mal seit fast 14 Jahren wieder über die Drei-Prozent-Marke gestiegen. Im November lag sie laut Statistischem Bundesamt bei 3,1 Prozent. Allein gegenüber dem Oktober ergibt sich eine Preissteigerung um ein halbes Prozent.

Schuld sind vor allem die höheren Lebensmittel- und Ölpreise. Diese beiden Warengruppen erklären über die Hälfte des Preisanstiegs seit dem vergangenen Jahr. Heizöl ist 24 Prozent teurer als im Vorjahr, der Sprit an der Tankstelle 19 Prozent, der Preis für Butter ist gar um 46 Prozent gestiegen, und Brötchen kosten 8 Prozent mehr. An diesem Trend wird sich so schnell auch nichts ändern. Denn die Schwellenländer, deren zunehmende Nachfrage zu einem beträchtlichen Teil für die höheren Weltmarktpreise verantwortlich ist, wachsen weiter, und die Produktion von Biosprit lässt Nahrungsmittel zusätzlich teurer werden. Hinzu kommt der Preis der Bildung: Vor allem durch die Einführung der Studiengebühren ergibt sich hier eine Teuerung von 29 Prozent.

Die Inflation liegt in Deutschland zudem höher als im europäischen Durchschnitt, nicht zuletzt wegen der Mehrwertsteuererhöhung zu Beginn des Jahres. Für die Euro-Zone gab das europäische Statistikamt zwar eine Preissteigerung von ebenfalls 3,1 Prozent bekannt. Aber wenn man die harmonisierte europäische statistische Methode anwendet, kommt man für die Bundesrepublik sogar auf 3,3 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steckt nun in einer Zwickmühle. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Preissteigerung bei einer Rate knapp unter zwei Prozent zu halten. Steigen die Preise schneller, müsste sie mit einer Erhöhung der Zinsen reagieren. Dadurch werden Kredite teurer, das Geld wird knapper, und der Preisauftrieb wird gebremst. Gebremst wird dann allerdings auch die Konjunktur. Die Frage ist, ob die EZB das riskieren kann. Denn immerhin hat sie selbst gerade ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr auf zwischen 1,5 und 2,5 Prozent gesenkt. Auf seiner letzten Sitzung in der vergangenen Woche hat sich der Zentralbankrat für einen Mittelweg entschieden und den Leitzins konstant bei 4 Prozent belassen. Im Gegensatz dazu hat die US-Zentralbank ihren Leitzins gerade erst erneut gesenkt mit Verweis auf die verdüsterten Konjunkturaussichten.

Die Forderungen an die EZB, doch etwas für die Konjunktur zu tun und die Zinsen zu senken, sind in letzter Zeit auch in Europa lauter geworden, vor allem vonseiten des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Die Notenbanker haben das jedoch stets weit von sich gewiesen. "Die Erfahrung aus mehr als 100 Jahren Wirtschaftsgeschichte lehrt, dass man über kurz oder lang eine höhere Teuerung erntet, wenn man geldpolitische Instrumente für andere Ziele, zum Beispiel Wachstum, nutzt", dozierte EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi.

Heraufsetzen kann die EZB ihre Zinsen aber auch nicht gut. Denn wenn die Zinsen in den USA sinken, während sie in Europa steigen, dann werden Anleger immer mehr in Euro investieren und dessen Kurs noch weiter nach oben treiben - mit den bekannten negativen Auswirkungen auf die europäische Exportwirtschaft.

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