Fußball: Favre sucht weiter die gute Hertha

Nach dem 0:0 gegen Bayern München geht Hertha BSC auf einem Mittelfeldplatz in die Winterpause. Die will Trainer Lucien Favre nutzen, drei neue Spieler zu verpflichten.

Alle rannten, aber keiner schoss ein Tor. : dpa

Zum Schluss der Vorrunde gab es für die Hertha-Spieler sogar ein Pauschallob. "Die Abwehr war gut", sagte der Berliner Trainer Lucien Favre nach dem hart erkämpften 0:0 gegen Bayern München. Da durfte sich wirklich jeder bei Hertha angesprochen fühlen. In den ersten 45 Minuten hatte man den Sturm und das Mittelfeld zugunsten eines elfköpfigen Abwehrverbundes aufgelöst.

Und abgesehen von der Anfangsphase, als Miroslav Klose und Daniel van Buyten in der 10. und 16. Minute Großchancen vergaben, hatten die elf Berliner Defensivkünstler ihre Gegenspieler gut unter Kontrolle. Konsequent waren die Herthaner darauf bedacht, keinen Treffer zu kassieren, und fast noch konsequenter vermied man es, einen eigenen zu erzielen. Lediglich Gilberto verirrte sich einmal in den Münchner Strafraum und schoss den Ball aus spitzem Winkel weit am Tor vorbei.

Erst in der zweiten Hälfte wurden die Herthaner etwas mutiger und gefährdeten mit scharfen Distanzschüssen von Gilberto (47. Minute) und Pal Dardai (60. Minute) das Bayern-Tor. Dardai klang hinterher fast ein wenig erstaunt, als er sagte: "In den ersten Minuten nach der Halbzeit haben wir wie eine richtig gute Hertha ausgesehen."

Bei den Berlinern ist man anderes gewohnt. Entsprechend bescheiden sind derzeit die Ansprüche. "Natürlich haben wir mit Mann und Maus verteidigt", erklärte Mannschaftskapitän Arne Friedrich die eigene destruktive Taktik. Manager Dieter Hoeneß fasste zusammen: "Natürlich war das kein Superspiel."

Favre sagte dasselbe wie immer in den letzten Wochen, in denen sein Team nie überzeugen konnte. Man habe noch viel Arbeit vor sich, man brauche Zeit und Geduld und in der Bundesliga könne es schnell bergauf und bergab gehen. Doch irgendwie wirkte er dabei etwas gelöster als sonst. Vermutlich erfreute ihn die Aussicht, dass er diesen Text während der sechs Wochen Winterpause nicht mehr aufsagen muss. Favre bevorzugt es, in längerfristigen Abschnitten zu denken. Bei den wöchentlichen Standortbestimmungen speist er die Journalisten mit wiederkehrenden Allgemeinplätzen ab. Am Samstag mogelte sich der Mann aus der Französischen Schweiz auf seine ganz eigene Art gar um eine Hinrundenbilanz. "Wir können nicht sagen, ob wir zufrieden oder unzufrieden sind. Es ist so, wie es ist. Da können wir nichts dran ändern."

20 Punkte haben die Berliner nun zum Hinrundenende auf ihrem Konto und stehen damit auf einem Mittelfeldplatz. Genau dort haben die Experten Hertha auch vor der Saison erwartet. Angesichts des großen personellen Umbruchs (14 Abgänge, 8 Zugänge) wurde mit einem schwerfälligen Beginn gerechnet und mit einer dann besseren, weil eingespielteren Mannschaft.

Die Entwicklung verlief allerdings genau umgekehrt. Schon nach wenigen Spieltagen zeigte Hertha einen offensiven und kombinationssicheren Fußball. Schon vorzeitig war das zu sehen, was man sich im Verein mit der Einstellung von Favre versprochen hatte: Das Hertha-Spiel war seit langem wieder einmal von einer Idee beseelt.

Doch von einem Tag auf den anderen verfiel das Team wieder in uralte Herthamuster. Die runderneuerte Mannschaft wirkte in den letzten Partien so ideenlos und nervenschwach wie vor einem Dreivierteljahr die Elf unter Falko Götz. Doch Favre lässt sich von der Negativentwicklung nicht beirren. Er hat einiges ausprobiert bei Hertha. Fast jeder Spieler hat bei ihm eine Chance bekommen. Und noch ist die Testphase nicht zu Ende. Favre sagt: "Ich suche noch."

Der Mann aus der Französischen Schweiz verweist darauf, dass es bei seiner letzten Station in Zürich drei Jahre gedauert habe, bis die Mannschaft Erfolg hatte. Und lächelnd fügt er hinzu: "Ich weiß, dass man in Berlin nicht so leicht drei Jahre warten kann wie in Zürich." Damit es vielleicht ein wenig schneller geht, sollen in der Winterpause noch drei neue Spieler verpflichtet werden. Allerdings stehen dafür nur verhältnismäßig bescheidene 3 Millionen Euro zur Verfügung.

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