Einzelheiten über Wirtschaftsdeal: Kongo, Chinas größtes Afrikageschäft
Die taz enthüllt bislang geheime Details der kongolesisch- chinesischen Wirtschaftsverträge: China investiert Milliarden in Kongos Bergbau. Und der Kongo muss draufzahlen.
Investitionen in Bergbau und Infrastruktur in Höhe des Bruttosozialprodukts des betroffenen Landes - wer so ein Geschäft macht, muss große Interessen verfolgen. Genau dies ist der Inhalt einer Vereinbarung zwischen China und der Demokratischen Republik Kongo, deren Einzelheiten jetzt bekannt werden. Es ist Chinas größtes Afrikageschäft und die kompletteste Auslieferung des Kongo an einen ausländischen Investitionspartner seit der Kolonialzeit. Seit Monaten rätselt alle Welt über den genauen Inhalt dieses Vertrages, der am 17. September in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa unterzeichnet wurde und seither geheim gehalten wird. Nun liegt der Vertrag der taz vor.
Das "Memorandum Of Understanding" wurde zwischen Kongos Infrastrukturminister Pierre Lumbi für die kongolesische Regierung und dem Chef der chinesischen Railway Engineering Corporation (CREC), Li Changjin, in Vertretung einer chinesischen Firmengruppe unterzeichnet. Es sieht unmittelbar vor, dass China drei Milliarden Dollar in Kongos Bergbau investiert und China dafür Kongos Infrastruktur wieder aufbaut. Die drei genannten chinesischen Firmen haben bereits im August 2007 Einzelverträge mit Kongos Regierung darüber unterzeichnet; der neue Vertrag präzisiert, dass "die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen dieses Abkommens über Minenkonzessionen gesichert wird, die dem Joint Venture von der Demokratischen Republik Kongo zur Verfügung gestellt werden".
Einem Annex des Dokumentes zufolge geht es um vier Konzessionen nahe Kolwezi in der Südprovinz Katanga, deren Reserven 60 Prozent der derzeitigen weltweiten Jahresförderung von Kupfer und über drei Jahre der derzeitigen globalen Kobaltförderung ausmachen: Cuvette Mashamba, Cuvette Dima, Synclinal Dik Colline D und Kolwezi. Auch 372 Tonnen Gold in "noch zu findenden" Vorkommen mit einem Marktwert von 8,5 Milliarden Dollar sind aufgelistet.
Für diese Bergbauaktivitäten wird ein Joint Venture zwischen den drei chinesischen Firmen CREC, Eximbank und Sinohydro und einem kongolesischen, "von der Regierung zu bestimmenden" Partnerunternehmen gegründet, mit einem chinesischen Anteil von 68 Prozent.
Die Profite des Joint Ventures werden zunächst komplett der chinesischen Seite überlassen, um die Investitionskosten zu decken. In einer zweiten Etappe gehen sie zu 66 Prozent an die Chinesen, und diese finanzieren damit bis zu einer Höhe von drei Milliarden Dollar gigantische Infrastrukturmaßnahmen im ganzen Land: 3.123 Kilometer Eisenbahn, 3.852 Kilometer Straßen, 32 Krankenhäuser, 145 Gesundheitszentren, 5.000 Sozialwohnungskomplexe und zwei Universitäten. Die verbleibenden 34 Prozent werden zwischen der chinesischen und kongolesischen Seite aufgeteilt. In einer dritten Etappe werden dann die Gewinne ganz verteilt.
Die Dauer der einzelnen Etappen ist nicht festgelegt, so dass unklar bleibt, ab wann der Kongo überhaupt Geld sieht. Die Gesamtlaufzeit des Vertrages beträgt 30 Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit. Die chinesischen Investoren genießen "totale" Steuer- und Zollfreiheit. Kongos Regierung "behält sich vor, dem Joint Venture weitere Steuer- und Zollvorteile zu erteilen". Das Joint Venture darf seine Lieferanten und Arbeitskräfte "frei" suchen - es gibt also keine Verpflichtung, Kongolesen einzustellen oder zu beteiligen.
Die Infrastrukturinvestitionen sollen insgesamt 6,565 Milliarden Dollar kosten. Weil davon nur drei Milliarden aus den Profiten des Joint Ventures kommen, muss Kongos Regierung den Rest anderweitig decken. Sie könnte dafür in China Kredite aufnehmen, heißt es. Zu den geplanten Straßenbaumaßnahmen gehört der Bau von Teerstraßen von Katangas Hauptstadt Lubumbashi durch den gesamten Osten des Kongo über die Kivu-Provinzen und Ituri bis nach Kisangani am Kongo-Fluss, außerdem eine Eisenbahnlinie von Lubumbashi bis Kinshasa.
Dieses "Memorandum Of Understanding" tritt in Kraft, sobald "die zuständigen chinesischen Behörden" grünes Licht gegeben haben. Dreißig Tage später soll das Joint Venture stehen. Das Gesamtgeschäft macht den Kongo zu einem der wichtigsten Partner Chinas in Afrika und zu dem, in dem China am meisten Einfluss im Vergleich zur einheimischen Wirtschaftskraft bekommt. Im April hatte die chinesische Regierung angekündigt, in den kommenden drei Jahren 20 Milliarden Dollar in Afrika zu investieren. Bisher sind Chinas wichtigste Zielländer für Investitionen in Afrika Sudan, Angola, Nigeria und Äthiopien gewesen, wo die investierten Dollarsummen jeweils die Milliardengrenze überschreiten. Keines dieser Einzelgeschäfte reicht an die Dimensionen der chinesischen Kongo-Pläne heran.
Das geplante Kongo-Engagement Chinas stellt auch alles in den Schatten, was der Kongo von westlichen Geberländern zu erwarten hat. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat kritisiert, eine kongolesische Neuverschuldung in China widerspräche dem Wunsch des Kongo nach einem internationalen Schuldenerlass. Die chinesische Eximbank hat darüber Beratungen mit dem IWF angekündigt.
Die verworrene Situation im kongolesischen Bergbau könnte die Umsetzung der Verträge verkomplizieren. Ob die den Chinesen versprochenen Mineralienvorkommen mit bereits vergebenen Konzessionen identisch sind, geht aus dem Vertrag nicht hervor. Mashamba und Dima gelten aber eigentlich als Teil der bestehenden gigantischen Kupferkonzession Kamoto in Katanga, die der Firma "Katanga Mining" des mächtigen Unternehmer Georges Forrest gehört und wo die Förderung gerade wieder anläuft. Aber Kongos Regierung plant Neuverhandlungen über alle ihre Bergbauverträge. Der China-Vertrag schafft hier womöglich Fakten, die anderen Investoren zum Nachteil geraten.
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