Drohendes Chaos in Pakistan: Blutige Strategie

Islamisten töteten acht Stammesführer. Pakistans Präsident Musharraf setzt derweil auf eine möglichst rasche Aufklärung des Bhutto-Mordes.

Pakistan nach der Ermordung Bhuttos - es droht Chaos Bild: dpa

Die islamistischen Fanatiker setzen ihre blutige Strategie fort, mit der sie Pakistan ins Chaos stürzen wollen. Mutmaßliche Islamisten töteten im umkämpften Nordwesten des Landes acht Stammesführer, weil diese mit der Regierung über eine Waffenruhe verhandelt hatten. Die Männer seien am späten Sonntagabend und am Montag bei Angriffen in Süd-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan getötet worden, teilte das Militär mit. Zugleich verletzte ein Selbstmordattentäter im umkämpften Swat-Tal drei Soldaten. Der Mann habe sich am Montag an einem Kontrollposten in die Luft gesprengt, sagte ein Armeesprecher.

Die überwiegend paschtunischen Stammesmilizen in der Provinz haben sich in den vergangenen Jahren immer stärker den Islamisten und afghanischen Taliban zugewandt, die das unzugängliche Gebiet als Rückzugsraum nutzen. Mit den Morden an den hoch angesehenen Stammesführern dürften die Fanatiker versucht haben, eine friedliche Einigung der Stämme mit Islamabad zu torpedieren.

Der radikale Prediger Maulana Fazlullah hatte in den vergangenen Wochen das Swat-Tal teilweise unter seine Kontrolle gebracht und damit begonnen, eine Herrschaft nach dem Vorbild der afghanischen Taliban zu errichten. Ende 2007 eroberte die Armee das Tal nach eigenen Angaben weitgehend zurück. Seit dem Wochenende rückten Sicherheitskräfte weiter gegen Stellungen von Fazlullahs Kämpfern vor. Dabei kamen nach Fernsehberichten zwei Dörfer versehentlich unter Artillieriebeschuss. Sieben Mitglieder einer Familie starben, als eine Granate in ihrHaus einschlug. Islamabads Gouverneur in den Nordwestprovinzen, Ali Mohammad Jan Aurakzai, trat mittlerweile von seinem Posten zurück.

Fazlullah selbst rief seine Anhänger am Sonntag über seinen eigenen Radiosender dazu auf, Sicherheitskräfte zu töten. Er bezeichnete die Mitglieder von Musharrafs Unterstützerpartei PML-Q laut einem Bericht der pakistanischen Tageszeitung Dawn als "Söhne von US-Präsident George W. Bush« und als "Gegner des Islam«.

Präsident Pervez Musharraf drängt indes auf schnelle Ergebnisse bei den Ermittlungen zu den tödlichen Schüssen auf die Oppositionsführerin Benazir Bhutto. Laut einem Dawn-Bericht bat er Übergangspremier Mohammadmian Soomro um eine umfassende Zusammenarbeit mit den Scotland Yard-Mitarbeitern, die in dem Fall seit Freitag ermitteln. Übergangsinnenminister Hamid Nawaz bat daraufhin die britischen Ermittler darum, ihre Untersuchungen vor dem 18. Februar abzuschließen.

Eine Aufklärung des Bhutto-Mordes noch vor den Parlamentswahlen am 18. Februar ist für Musharraf extrem wichtig. Denn Pakistans Präsident steckt gerade im größten Stimmungstief aller Zeiten. Vermutlich deswegen hat er die Wahlen durch seine Wahlkommission um sechs Wochen verschieben lassen. Zu sehr lastet der Vorwurf auf Musharraf, zu wenig gegen den tödlichen Anschlag getan zu haben oder über seinen Geheimdienst ISI darin verstrickt zu sein. Derzeit würde seine Unterstützerpartei, die PML-Q, nach Umfragen den Oppositionsparteien bei Wahlen klar unterliegen.

Mit seinem harten Vorgehen gegen die Islamisten-Milizen versucht Musharraf, sich seinem wichtigsten Allierten, den USA, als verlässlicher Partner zu präsentieren. Seine Streitkräfte bekämpfen die Fanatiker erst seit kurzem energisch. Vor allem im US-Verteidigungsministerium waren in den vergangenen Wochen die Vorwürfe immer lauter geworden, Musharraf gehe nicht entschlossen gegen die Islamisten-Milizen und versprengte Taliban-Einheiten vor. Auch die Berichte, wonach die US-Regierung erwägt, eigene Truppen in Pakistans Nordwestprovinzen zu entsenden, dürften Islamabad hellhörig gemacht haben.

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