Linke Szene sucht Linie: Ein Klimacamp als G-8-Revival

Auf den Perspektiventagen sucht die linke Szene nach Zukunftsthemen. Im Mittelpunkt steht das Klima und die Sicherheitspolitik von Innenminister Schäuble.

Aktionen für die Zeit nach Heiligendamm diskutiert die linke Szene ab Donnerstag : dpa

BERLIN taz Die Frage, mit welchem Thema sich der Schwung der G-8-Proteste verstetigen lässt, beschäftigt die linke Szene seit längerem. Auf den am Donnerstag beginnenden Perspektiventagen steht eine Antwort zur Diskussion - ein Klimacamp im Sommer, auf dem Experten, Gruppen und Initiativen die Folgen des Klimawandels diskutieren. "Die Entscheidung über die genaue Ausrichtung des Camps wird während des Treffens fallen", sagt Marcus Grätsch, Mitorganisator der Perspektiventage.

Rund 500 Teilnehmer erwarten die Veranstalter zu dem linken Ideenaustausch in Berlin, der bis Sonntag dauert. Fast 40 Workshops sind vorbereitet - was den Organisatoren allerdings gar nicht so lieb ist, wie Grätsch meint: "Die Perspektiventage sind sehr offen angelegt. Jeder wird Themen einbringen können, trotzdem wird nicht ziellos diskutiert." Die Veranstalter haben Moderationstechniken ausgetüftelt, die dieses Wunder linker Diskussionskultur vollbringen sollen. Und sie hoffen, dass dieses Prinzip vor allem bei nicht organisierten, aber politisch aktiven Leute ankommt. Anders als bei Sozialforen gestalteten bei den Perspektiventagen nicht Gewerkschaften oder Attac große Teile des Programms, sagt Mitorganisator Grätsch.

Neben dem Klima wird es auch um die diversen Vorstöße von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gehen - von der restriktiven Auslegung des Terrorparagrafen 129, der Vorratsdatenspeicherung bis hin zu Bundestrojanern. "Hier darf es nicht bei einer theoretischen Auswertung des letzten Jahres bleiben, sondern die Linke muss zu einem offensiveren Umgang mit dem Thema finden", sagt Corinna Genschel, die in der Kontaktstelle Soziale Bewegungen der Bundestagsfraktion der Linken arbeitet. Sie hält Diskussionen über Freiheitsrechte für zentral, zum Beispiel das Recht auf Versammlungsfreiheit.

Einen weiteren Schwerpunkt wird die Nachbereitung der G-8-Proteste bilden - auch ein Treffen mit zukunftsweisendem Namen kommt nicht ohne den Blick auf das größte Szeneereignis der vergangenen Jahre aus: Aktivisten wollen die Kampagne Block G 8 auswerten, das schwierige Verhältnis zwischen Nichtregierungsorganisationen und Autonomen diskutieren, eine Fotoschau soll Tricks und Machtmissbrauch von Polizei und Justiz dokumentieren. Neu ist all dies nicht - ähnliche Debatten wurden auch auf dem Cottbusser Sozialforum im Oktober geführt, dem ersten großen Treffen der Bewegungsszene nach den G-8-Wochen im Juni.

Diese wirken nach Aussagen vieler in der Bewegungsszene bis heute nach. "Der Informationsfluss funktioniert schneller, die Wege sind kürzer, weil sich die Leute jetzt persönlich kennen", sagt Genschel. Vertreter von Gewerkschaften, Parteien und verschiedener Initiativen hätten ein Verständnis für die Sichtweise der jeweils anderen entwickelt. "Das mündet in einer klugen Haltung: In dem und dem Punkt arbeiten wir zusammen, dafür lassen wir uns in anderen in Ruhe", sagt Genschel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.