Verleger-Witwe siegt im Erbstreit: Springer enteignet Springer nicht
Im Erbstreit zwischen Friede Springer und Axel-Cäsar-Springer-Enkel Axel Sven Springer siegt die Witwe - ihre Macht im Konzern ist damit gefestigt.
HAMBURG/BERLIN taz
Die Journalisten waren zahlreich erschienen - doch sie konnten nicht viel mehr beobachten als die eigenen Kollegen. Die Hauptfiguren im Erbstreit zwischen Axel Cäsar Springers Enkel Axel Sven, genannt "Aggi", und seiner Witwe Friede, Axel Svens Stiefgroßmutter, waren nicht erschienen. Und der Richter am 2. Zivilsenat des Hamburger Oberlandesgerichts benötigte keine fünf Minuten, um das Urteil zu verlesen, das mit Spannung erwartet worden war.
68 Seiten umfasst die Begründung, die Zusammenfassung lautet: Es gebe keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Übertragung der Erbteile und Firmenanteile auf Friede Springer. Die hatte Verlegerenkel Axel Sven angezweifelt. Das Gericht ließ keine Revision zu. Gegen diese Nichtzulassung kann der Enkel vor dem Bundesgerichtshof klagen. Ob er das tut, ist offen.
Es ging im Prozess nicht nur um einen Verwandtenstreit. Es ging auch um das fein austarierte Machtgefüge im Springer-Konzern und die Position von Vorstandschef Mathias Döpfner, der als enger Vertrauter Friede Springers gilt. Beides bleibt nun in seiner derzeitigen Struktur bestehen. Friede Springer kontrolliert 90 Prozent der Axel-Springer-Gesellschaft für Publizistik, die wiederum knapp 51 Prozent am Axel Springer Verlag hält; weitere fünf Prozent der Verlagsanteile hält sie privat - und damit insgesamt die Mehrheit. Das Gericht hat ihre Macht nun in Beton gegossen.
Es hatte Ungereimtheiten bei der Frage gegeben, ob bei der Verteilung des Erbes ihres 1985 verstorbenen Mannes alles korrekt abgelaufen war: Einem Testament zufolge, das Axel Springer 1983 verfasst hatte, standen seiner Frau Friede 50 Prozent seiner Verlagsanteile zu, seiner Tochter Barbara und seinem Enkel Axel Sven je 25 Prozent. Am Ende aber bekamen die Enkel Axel Sven und Ariane nur je 5 Prozent, die Kinder Barbara und Raimund Axel Nikolaus je 10 - und Friede Springer 70.
In einem Sechs-Augen-Gespräch mit Friede und dem Springer-Vertrauten Bernhard Servatius, dem Testamentsvollstrecker, soll Axel Cäsar kurz vor seinem Tod den Wunsch geäußert haben, die Aufteilung zugunsten von Friede Springer zu ändern - aber nur mündlich.
Enkel Axel Sven Springer, damals 19, willigte ein. Im Dezember 1985 trat er Anteile an seine Stiefgroßmutter ab. 2001 jedoch kündigte Friede Springer, die inzwischen die Verlagsmehrheit von anderen beteiligten Verlagen erworben hatte, den Gesellschaftervertrag mit den damals noch beteiligten Enkeln, Ariane und Axel Sven Springer, denen sie ihre Mehrheit am Unternehmen verdankte.
Im Sommer 2002 focht Axel Sven schließlich die Vereinbarungen von 1985 an: Er behauptete unter anderem "er sei arglistig getäuscht worden, weil der Erblasser" - Axel Cäsar Springer - "einen der vereinbarten Erbaufteilung zugrunde gelegten letzten Willen gar nicht gehabt habe".
Er verlor 2004, in erster Instanz, vor dem Landgericht Hamburg. Seine Berufung wies das Oberlandesgericht gestern zurück - und gab Friede Springer recht, die auch auf Feststellung geklagt hatte, dass ihr Anteil wirksam übertragen worden sei.
Es war im Vorfeld der Urteilsverkündung darüber spekuliert worden, ob Axel Sven Springer im Fall eines Siegs vor Gericht Kai Diekmann, den Chefredakteur von Bild, der als guter Freund Axel Sven Springers gilt, zum Vorstandschef des Konzerns befördern wolle. Das ist vom Tisch. Was das Urteil also auch bedeutet: Kai Diekmann bleibt wohl weiter Chef von Bild.
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