Kommentar Börsenkrise: Wer die Krise fürchten müsste

Für Panik besteht bei Verbrauchern kein Anlass - für eine Änderung der Finanzpolitik umso mehr.

Wer muss die derzeitige Krise auf den Finanzmärkten fürchten? Sicher ist lediglich die banale Erkenntnis, dass Aktien eine Geldanlage mit Risiko sind und bleiben. Auch nach dem jüngsten Einbruch steht der DAX noch dreimal so hoch wie vor fünf Jahren. Weitere Verluste sind darum erstens wahrscheinlich - und zweitens kein Grund für übermäßiges Mitleid. Längerfristig niederschlagen kann sich der Negativtrend auch in den Renditen von Lebensversicherungen und anderen Produkten, die in Aktien investieren. Sonstige Formen der Geldanlage sind nicht betroffen.

Relevanter ist für viele Menschen, ob die Krise an den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft durchschlagen wird. In den USA rechnen viele ExpertInnen mit einer Rezession, die Arbeitsplätze und Hausbesitzer bedroht. Bei uns gibt es weniger Anzeichen dafür. Faule Kredite sind in Deutschland kaum vergeben worden, und die Wirtschaft wächst zwar langsamer, aber sie wächst.

Einfacher zu beantworten ist die Frage, wer die derzeitige Krise eigentlich fürchten müsste. Es waren deutsche Banken - öffentliche ebenso wie private -, die in großem Umfang in das riskante Geschäft mit miesen US-Krediten eingestiegen sind. Sie haben die Krise nach Deutschland geholt - in der Hoffnung auf hohe Renditen und im festen Vertrauen darauf, dass der Steuerzahler im Zweifelsfall für ihre Verluste geradesteht. Es waren Hedgefonds und andere Finanzmarktakteure, die mit kreditfinanzierten Risikogeschäften die Krise verschärft haben. Und es waren private Ratingagenturen, die - ebenso wie die staatliche Bankenaufsicht - die Risiken übersehen und als Kontrollinstanz völlig versagt haben.

Leider zeichnet sich nicht ab, dass die Verantwortlichen tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden. Selbst Forderungen nach einer verstärkten Transparenz von Hedgefonds hatten beim G-8-Gipfel keine Chance. Über wirksame Regulierung wurde nicht mal gesprochen. Und auch schärfere Regeln für deutsche Banken sind bisher nicht in Sicht.

Für Panik besteht bei VerbraucherInnen also kein Grund. Für Forderungen nach einer langfristigen Änderung der Finanzpolitik umso mehr.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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