Kommentar Deutsch-chinesische Beziehung: Das Porzellan ist zerschlagen

Trotz Versöhnungsnachrichten: Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind noch lange nicht im Lot. Die Harmonie gilt nicht für Chinas Verhältnis mit Merkel.

Viele Beobachter hatten gehofft, dass Peking nach einer Phase theatralischer Aufregung und eher symbolischen Reaktionen auf Merkels Treffen mit dem tibetischen Dalai Lama wieder zu konstruktiven Beziehungen zurückkehren würde - allein schon aus eigenem Interesse. Zumindest die beiden Außenminister versuchten am Dienstag in Berlin den Eindruck zu vermitteln, dass dies nun der Fall ist. Sie unterstrichen dies, indem sie für Mai eine Peking-Visite von Außenminister Steinmeier ankündigten. Alles wieder im Lot also?

Wohl kaum. Denn mit Steinmeier hat China ja gar kein Problem - der verbot im Oktober sogar seinem eigenen Menschenrechtsbeauftragten ein Treffen mit der uigurischen Menschenrechtsaktivistin Rebiya Kadeer im Außenamt. Pekings Zorn galt vielmehr Kanzlerin Merkel, die in der deutschen China-Politik den Ton angibt. Zwar wird auch Merkel im Oktober nach Peking reisen. Doch nur, weil dort der europäisch-asiatische Asem-Gipfel steigt, zu dem die aufstrebende Weltmacht die Kanzlerin nicht ausladen kann.

Die Harmonie, die Steinmeier und sein Amtskollege Yang Jiechi jetzt zur Schau tragen, gilt also nicht für Chinas Verhältnis zu Merkel. Ihr dürften die Politiker in Peking künftig weiter mit großem Misstrauen begegnen - und ihren französischen Rivalen Sarkozy bevorzugen. China zeigt jetzt lediglich, dass es den Konflikt nicht weiter eskalieren lassen will. Offenbar glaubt man, seinen Punkt gemacht zu haben. Und natürlich will man sich im Jahr der Olympiade in gutem Licht präsentieren.

Das Porzellan aber ist zerschlagen. Eine Rückkehr zum deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog, den Peking ausgesetzt hat, ist nicht in Sicht. Fraglich ist auch, ob die deutsche China-Politik zwischen Kanzlerin und Vizekanzler - oder gar mit der EU - künftig besser abgestimmt wird. Dass Peking Steinmeier nun entgegenkommt, kann vielmehr sogar als heimliche Hilfe für den wahlkämpfenden SPD-Politiker gewertet werden. Dass Merkel Steinmeiers "Einigung" mit China jetzt begrüßt, dient jedenfalls nur dazu, die weiter bestehenden Differenzen zu verdecken.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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