Fußball: Afrika Cup: Staatschef will Star ins Team mobben

Reinhard Fabisch, Nationaltrainer von Benin, wird vom Staatspräsidenten bedrängt und berichtet von Manipulationsversuchen beim Afrika-Cup.

Benins Staatschef Thomas Boni Yayi : dpa

SEKONDI taz Das Maggi Guest House ist eigentlich ein kleines Idyll. Umgeben von Bananenplantagen, findet sich hier ein Hauch des romantischen Afrikas der Kolonialzeit. Der Duft des nahen Atlantiks weht herüber, und im Restaurant der Herberge sitzt Reinhard Fabisch, der hier mit der Fußballnationalmannschaft des Benin residiert. Fabisch, ein früherer Realschullehrer aus Gelsenkirchen, ist als Trainer des Teams bei der Afrikameisterschaft, und er spielt am heutigen Abend gegen die prominent besetzte Elfenbeinküste (18 Uhr, live auf Eurosport). Es hätte eines der größten Spiele in der Trainerkarriere des Deutschen werden können, doch Fabisch hat Tage hinter sich, die so gar nicht idyllisch waren.

"Die haben hier gestern 400 von diesen sogenannten Fans vors Hotel geschickt, die randalierten und für Mouritala Ogounbiyi protestiert haben", erzählt der 57-Jährige, immer noch ziemlich geschockt. Mit "die" meint er den Staatspräsidenten Boni Yayi und seine Clique, die seit Wochen versuchen, den Star, der seit sechs Wochen nicht trainiert hat, ins Team zu drücken. Er habe sich regelrecht bedroht gefühlt von dem Mob.

Ogounbiyi ist der prominenteste Fußballer des Landes, spielt derzeit bei Etoile Sahel du Sousse in Tunesien und hat schon zweimal die afrikanische Champions League gewonnen. Aber zuletzt blieb der Stürmer einem Trainingslager vor Weihnachten fern, hat die verhängte Geldstrafe nicht bezahlt, und als Ogounbiyi das erste Mal zu einem Training erschien, da "hat er sich mit Sonnenbrille und Kopfhörer auf die Bank gesetzt und hat dort so getan, als ob er Diego Maradona wäre", erzählt der Trainer. Mittrainieren wäre wohl unter seiner Würde gewesen.

Doch der Spieler ist mächtig. Der Sportminister, der "eigentlich ein vernünftiger Mann ist", wie Fabisch sagt, wurde am gestrigen Donnerstag konkret vom Staatschef bedroht. "Der Minister kam hier angekrochen und hat gesagt, es tue ihm sehr leid, er stehe sehr unter Druck, der Präsident habe ihm den Rücktritt nahegelegt, wenn der Spieler nicht spielt." Eigentlich wollte Fabisch sofort abreisen, doch die beiden Spielführer überredeten ihn zu bleiben. "Die fünf Tage halte ich jetzt auch noch durch", sagt Fabisch, der schon zweimal kenianischer Nationaltrainer war (1986-1987 und 1992-1993), fünf Jahre das Team von Simbabwe betreute (1991-1996) und sein Geld zuletzt in Dubai verdiente.

"Dass der Mob diktiert, welcher Spieler spielen soll, das konnte ich mir nicht vorstellen", sagt er. Das Tragische sei, dass die Mannschaft "abgesehen von diesem einen Idioten eine richtig gute Truppe ist". Gerne hätte Fabisch das Team in die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 geführt. Doch nach diesen Vorfällen habe er "innerlich abgeschlossen" mit dem Job. Weil "das ganze Umfeld dieser Mannschaft dermaßen korrupt und auf einen Spieler fixiert ist".

In Asien haben einige Herren offenbar auch Fabisch zu diesem Kreis bestechlicher Afrikaner gezählt. Zwei Tage vor dem ersten Spiel gegen Mali hat es nämlich einen Bestechungsversuch gegeben, erzählt der Trainer. "Da kam ein Afrikaner in unser Teamhotel und wollte mit mir ungestört unter vier Augen reden", wird Fabisch in einem Interview auf ARD.de zitiert. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Gesandten einer Wettorganisation aus Singapur handelte. Der Mann habe Fabisch gefragt, ob er zu mindestens zwei Spielern im Team ein Vertrauensverhältnis habe, um mit ihnen eine Absprache zur Spielmanipulation treffen zu können. Am besten seien der Torhüter und ein Verteidiger. "Er kam auch mit einem konkreten Preis. Ein Elfmeter gegen uns sei ihm 20.000 US-Dollar wert", berichtet Fabisch. Er hat das Angebot abgelehnt. Zwei Tage später hat sein Team mit 0:1 gegen Mali verloren - durch einen ziemlich zweifelhaften Elfmeter. "Das ist Afrika pur", sagt Fabisch, an ein Weiterkommen glaubt er unter diesen Umständen jedoch nicht mehr. Zumal dem Duell mit der Elfenbeinküste am kommenden Dienstag noch die Partie gegen die von Berti Vogts trainierten Nigerianer folgt.

Fabisch ist jetzt erst mal nur froh, dass er sein "Geld in der Tasche" hat. Bald muss er sich wohl wieder einen neuen Job suchen. Vorher will er den Funktionären und dem Präsidenten aber noch demonstrieren, wie destruktiv diese Form der Einflussname ist. "Ich werde Ogounbiyi gegen die Elfenbeinküste zur Halbzeit bringen, ich weiß ganz genau, dass der nach 20 Minuten zusammenfällt, und dann können alle sehen, was hier läuft", sagt Fabisch. Wenigstens diesen kleinen Triumph möchte er sich noch gönnen.

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