Flughafen Tempelhof: SPD will beim Volksentscheid mitmischen
Kommt es in Sachen Tempelhof zum Volksentscheid, wollen SPD und Linke dafür werben, mit "Nein" zu stimmen. Ein Wahlboykott komme nicht in Frage.
Im Falle eines Volksentscheids für den Erhalt des Flughafens Tempelhof will sich die SPD nicht auf einen vorgezogenen Wahlkampf einlassen: "Für unsere Position werden wir werben", sagte Hannes Hönemann, Sprecher des SPD-Landesverbands. "Wir werden aber keine große Gegenkampagne starten." Das sei finanziell schon nicht möglich. Auf jeden Fall wollen Linke und SPD die Bürger dazu aufrufen, am Volksentscheid teilzunehmen und mit "Nein" zu stimmen. "Das neue demokratische Instrument, für das wir jahrelang gekämpft haben, werden wir nun nicht boykottieren", sagte Linke-Landeschef Klaus Lederer. Er setze auf den Verstand der Bürger.
Den Tempelhof-Befürwortern fehlen nur noch einige tausend Unterschriften - dann ist der Weg zum Volksentscheid frei. Innerhalb von vier Monaten muss der Senat eine Abstimmung organisieren. Erfolgreich ist sie, wenn eine Mehrheit der Teilnehmer und zugleich mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten zustimmt. Das wären derzeit 606.371 Stimmen.
Der rot-rote Senat will den unrentablen Stadtflughafen Ende Oktober 2008 schließen. Unter dem Dach der Interessengesellschaft City-Airport Tempelhof (ICAT) wettern Springer-Zeitungen und Fluggesellschaften unterstützt von CDU und FDP gegen den Beschluss des Senats. Ihr bislang größter Erfolg steht unmittelbar bevor: Schon in diesen Tagen wird damit gerechnet, dass die Flughafenbefürworter bei ihrem Volksbegehren die notwendigen 170.000 Unterschriften zusammen bekommen werden. Damit wäre der Weg frei für ein Volksentscheid.
Das stellt den rot-roten Senat vor neue Herausforderungen. Zwar sieht er sich juristisch auf der sicheren Seite: Auch ein erfolgreicher Volksentscheid hat keine Gesetzeskraft und kann den Senat nicht zur Änderung seiner Strategie zwingen. Die politische Sprengkraft wäre jedoch bei einem Erfolg der Flughafenbefürworter enorm: Wenn tatsächlich 600.000 Berliner für den Weiterbetrieb stimmen (siehe Kasten), steht der rot-rote Senat politisch unter Druck.
SPD, Linke und Grüne sind entsprechend alarmiert: Gemeinsam mit anderen Flughafengegnern wollen sie am heutigen Mittwoch absprechen, wie mit dem anstehenden Volksentscheid umzugehen ist.
Aus Reihen der Linkspartei gibt es den Vorschlag, beim Volksentscheid einen eigenen Text zur Abstimmung zu stellen. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Christian Gaebler, zeigte sich aber bereits skeptisch. Ein zweiter Text könnte zu noch mehr Verwirrung sorgen, befürchtet er. Ein klares "Nein" zu Tempelhof auf dem Abstimmungszettel sei wesentlich transparenter.
FDP und CDU indes sehen sich im Aufwind: Um die erforderliche Mehrheit zusammen zu bekommen, setzen beide Parteien auch auf die SPD-Wähler. Denn allein mit ihrem Wählerpotential kämen die notwendigen 600.000 Ja-Stimmen nicht zusammen. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 hatten beide Parteien zusammen gerade mal rund 398.000 Stimmen. FDP-Chef Markus Löning vertraut auf Umfragen, wonach 75 Prozent der SPD-Wähler gegen die Schließung sind. "In der Sache muss man die SPD-Wähler nicht überzeugen, man muss sie nur davon überzeugen, zur Wahl zu gehen", glaubt Löning.
Übrigens: Entgegen anders lautenden Medienberichten steht der Termin für den Volksentscheid bislang nicht fest. Senatssprecher Richard Meng wies daraufhin, dass zuvor das Ergebnis des Volksbegehrens vorliegen müsse.
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