Selbstmordanschlag in Kandahar: Die höchste Zahl an Todesopfern

In der früheren Hochburg der afghanischen Taliban tötet ein Selbstmordattentäter mindestens 80 Menschen, 90 weitere werden verletzt.

Augenzeugen sagen, Leibwachen eines beim Anschlag getöteten Warlords schossen in die Menge . : ap

Bei dem Selbstmordanschlag mit der bisher höchsten Zahl an Todesopfern in Afghanistan sind am Sonntag in der südlichen Provinzhauptstadt Kandahar mindestens 80 Menschen getötet und 90 verletzt worden. Die Zahl der Toten, die womöglich noch ansteigt, nannte laut Agenturangaben Provinzgouverneur Asadullah Khalid. Die Zahl der Verletzten beruht demnach auf Angaben von Krankenhäusern.

"Dieser Selbstmordanschlag ist das Werk der Taliban, der Feinde Afghanistans", sagte Gouverneur Asadullah, der erst vergangene Woche selbst einem Anschlag unverletzt entgangen war. Die radikalislamischen Taliban, deren Hochburg die Stadt früher war und in deren Umgebung sie auch heute wieder sehr stark sind, äußerten sich zunächst nicht zu dem Anschlag.

Der Selbstmordattentäter hatte die Bombe inmitten einer mehrhundertköpfigen Menschenmenge gezündet, die im westlichen Vorort Afghandab einem gerade begonnenen Hundekampf zugeschaut hatte. Diese makabre Art der Freizeitgestaltung für Männer war unter der Herrschaft der Ende 2001 durch die US-Invasion gestürzten Taliban verboten gewesen. Hundekämpfe bieten auch die Gelegenheit zu illegalen Wetten.

Bei dem Anschlag sollen auch der Warlord Abdul Hakim Dschan und mindestens ein Dutzend Polizisten gestorben sein. Der Milizenführer war seit Jahren ein erklärter Feind der Taliban und führte in Kandahar eine Hilfspolizeitruppe. Angaben von Augenzeugen zufolge schossen seine Leibwächter nach der Explosion panisch in die Menge, wodurch die Zahl der Toten weiter gestiegen sein dürfte. Polizisten sollen später den Tatort abgeriegelt und Journalisten bei ihren Recherchen behindert haben.

Eine ähnliche Fehlreaktion von Leibwächtern ereignete sich beim bis dahin schwersten Selbstmordanschlag in Afghanistan, der vergangenen November in der Provinz Baghlan stattfand. Bei der Eröffnung einer von Deutschland mitfinanzierten Zuckerfabrik starben damals 79 Personen, darunter 59 Schulkinder sowie 6 Parlamentsabgeordnete. Wie viele Personen damals durch die wild um sich schießenden Sicherheitskräfte ums Leben kamen, wurde nie geklärt.

Vor dem September 2001 hatte es in Afghanistan überhaupt keine Selbstmordanschläge gegeben. Das erste Attentat dieser Art tötete am 9. September 2001 mit Ahmad Shah Masud den wichtigsten militärischen Gegenspieler der Taliban. Seit 2003 nahmen in Afghanistan die Selbstmordanschläge zu, die seit 2005 eskalierten. 2007 gab es etwa 140 Selbstmordattentate. In Kandahar starb zuletzt im Dezember ein Zivilist, als ein Selbstmordattentäter einen Armeekonvoi angriff. (mit Agenturen)

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