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Willkommen in der Realität
Ob es nun manchen Genossen passt oder nicht, Tatsache ist, dass die Linke eine ernst zu nehmende politische Kraft in Deutschland geworden ist. Die Skandale um Zumwinkel, die Irritationen bei der Afghanistanpolitk, zeigen, dass die Wähler der Linken nicht nur Protestwähler sind.
Wie lange kann sich eine SPD gegen eine Partei stellen, deren Programm mit dem eigenen Programm vor Schröders Agenda nahezu deckungsgleich ist ? Erst mit der massgeblich von einem korrupten Industriemanager, einem nun für ein mehr als umstrittenes russisches Energieunternehmen arbeitenden Exkanzler und einem damaligen "Superminister" dem heute der Parteiausschluss droht, eingeleiteter Wende nach Rechts, hat sich die SPD von einer sozialdemokratischen Politik abgewandt.
Man mag zu Oskar Lafontaine stehen wie man will, er stand und steht bis heute für eine Politik für die Sozialdemokraten einmal eine Mehrheit bei der Bevölkerung hatten.
Nun wie einige SPD ler zu argumentieren, man könne nicht mit den Linken solange Lafontaine an der Spitze steht, wirkt unreif und lächerlich. Mangelnde Diplomatie bedeutet mangelnde Professionalität, und die sollte man nicht noch offen zugeben. Geradezu grotesk wird es dann, wenn etwa Frau Ypsilanti in Hessen mit einer linken Politik die Gerechtigkeit und Umweltinteressen gegen Wirtschaftsinteressen durchsetzen will, antritt, ein gutes Ergebnis erzielt, dann aber um eine Koalition mit der FDP buhlt.
Es war nicht nur Lafontaine der die SPD wegen schlechtem Mannschaftsspiel verliess.
Seit 1990 hat die SPD mehr als ein drittel, nämlich 37% ihrer Mitglieder verloren. Die Sozialdemokraten sollten sich ein Wort aus Willy Brandt's Abschiedsrede zu Herzen nehmen:
"Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum ? besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, daß jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll."
Dietmar Brach, Wiesbaden
Naja, der Vergleich der "Linken" mit den Grünen wird wohl nicht jedem Öko-Gutmenschen gefallen. Entscheidend ist aber doch, dass die SPD VOR der Wahl sagt, sie ist bereit mit den "Linken" zusammenzuareiten. Dann sehe ich überhaupt keine Probleme. Die Frage ist dann nur noch, ob NACH der Wahl dann tatsächlich noch eine linke Mehrheit zusammen kommt. Mal ehrlich: Die CDU kann sich nichts lieber wünschen, als eine SPD, die mit den "Linken"(DKPler, SEDler, Mauer- und Stasibefürworter, etc.) kooperiert. Und der Unterhaltungswert der Politik schnellt auch wieder in die Höhe(rot/grün hat uns 2005 ja leider im Stich gelassen...)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Messer ab sechs Zentimetern in der Öffentlichkeit verbieten. Doch so bekämpft sie Gewaltkriminalität nicht.
Kommentar Hessen & Hamburg: Das Dilemma der SPD
Nach den Wahlen in Hessen und hamburg sind noch keine Koalitionen in Sicht. Immerhin: Optionen sind sichtbar, im neuen Fünfparteiensystem. Die Crux ist die Linkspartei
Nehmen wir mal an, die Grünen in Hessen hätten in der letzten Woche klammheimlich ihren Kurs geändert. Weil partout keine Ampel zustande kommt, hätte die Parteispitze entschieden, mit CDU und FDP zu regieren. Wäre dann ein Orkan der Entrüstung losgebrochen, wie die Grünen ihr Wahlversprechen, Koch abzulösen, in so schändlicher Weise brechen konnten? Hätte es Empörungswellen und wutschnaubende Bild-Zeitungsschlagzeilen gegeben? Wohl eher nicht.
Im Gegenteil: Die Union hätte sich überschlagen vor Lob. Denn empörend ist nicht, wenn Politiker nach der Wahl anders reden als vorher. Empörend ist nur, wenn die SPD nach der Wahl ein bisschen anders über die Linkspartei redet.
Nach den Wahlen in Hamburg und Hessen ist noch immer unklar, welche Koalitionen dort regieren werden. Doch bereits sichtbar sind die neuen Optionen im Fünfparteiensystem. In diesem System zählen nicht mehr nur Prozentzahlen - fast ebenso wichtig sind Koalitionsmöglichkeiten. In dieser Hinsicht schlägt die Union derzeit die SPD um Längen. Wenn Schwarz-Grün in Hamburg gelingt, erweitert die Union damit ihren politischen Spielraum. Schwarz-Gelb, wo es geht, Schwarz-Rot, wo es sein muss, Schwarz-Grün, wo es passt - das sind die glänzenden Aussichten der Union. Dies erklärt auch die Eilfertigkeit, mit der die CDU-Bundesspitze zu Schwarz-Grün rät, obwohl die CDU in Hamburg inhaltlich der SPD etwas näher steht.
Die Möglichkeiten der Union wachsen, jene der SPD schrumpfen. Die Grünen, bislang fest an die SPD gekettet, emanzipieren sich. Die FDP will nicht mit der SPD, die SPD wiederum im Westen nicht mit der Linkspartei. So ergibt sich die bizarre Lage, dass es bei Wahlen zwar durchweg linke Mehrheiten gibt, machtpolitisch die Linke aber stets im Abseits steht.
In diesem Spiel droht die SPD zu vereinsamen. Das hat Kurt Beck ein bisschen begriffen. Wirklich befreien kann sich die SPD aber nur, wenn sie ihre Haltung zur Linkspartei fundamental ändert. Das heißt: sich in Hessen nicht bloß verdruckst von der Linkspartei wählen zu lassen. Sondern entschlossen und selbstbewusst eine Tolerierung ins Auge zu fassen.
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Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.