Kain und Abel der Deutschen Eishockey-Liga: Über Familienbande
Die Hamburg Freezers sind auf Playoffkurs in der DEL. Sie haben den selben Eigentümer wie die Berliner Eisbären, die sie wieder stark gemacht haben.
Sie kriecht ihrem Ende entgegen, die reguläre Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). In zehn Tagen beginnt mit den Ausscheidungsspielen um die letzten zwei Playoffplätze die Endphase im Titelrennen. Dann werden in einem sogenannten Pre-Playoff zwei Plätze in der Meisterschaftsrunde verteilt, während die ersten Sechs in der Tabelle direkt qualifiziert sind fürs Viertelfinale. Mindestens Zehnter muss am Ende also sein, wer weiterspielen will um den Titel in der DEL.
Nur einen Punkt hinter diesem begehrten zehnten Platz liegen momentan die Hamburg Freezers. Die Eismacher wollen unbedingt ihren bereits qualifizierten Berliner Verwandten in die Playoffs folgen. Denn die Freezers und die Berliner Eisbären haben denselben Eigentümer, die Anschutz Entertainment Group (AEG). Dass die Freezers überhaupt noch Chancen haben, verdanken sie einer Leistungssteigerung, die mit einem aufsehenerregenden Spiel begann. Der Tabellenzweite aus Berlin gastierte in Hamburg, verlor mit 1:7 und hauchte der schwächelnden Verwandtschaft neues Leben ein. "Eisbären leisten Freezers Bruderhilfe" titelte das Hamburger Abendblatt. Die Skandalschreie der Boulevardpresse verstummten allerdings schnell wieder. Denn niemand, weder die Konkurrenten noch der Ligaverband, sehen ein Problem darin, dass zwei Klubs miteinander konkurrieren, die denselben Eigentümer haben.
Zu sehr profitiert die Liga von der Präsenz eines mächtigen Geldgebers, als dass allzu laut Kritik geäußert würde. Auch Sven Zywitza, Geschäftsführer des ERC Ingolstadt, direkter Konkurrent der Freezers um die Playoff-Qualifikation, möchte nichts skandalisieren. "Wenn der Sieg gegen Berlin eine Eintagsfliege gewesen wäre", sagt er, "dann hätte man sich schon gewundert." Aber die Serie, die die Freezers danach starteten, habe sein Gemüt beruhigt.
Gernot Tripcke, der DEL-Geschäftsführer, nennt kleine Klubs wie Ingolstadt oder Iserlohn zwar "das Salz in der Suppe", als Geschäftsmann freut er sich aber über jeden Erfolg, der in einem "medial stark repräsentierten Umfeld" realisiert wird. Er ist froh, dass sich "ein derart starker Partner" im deutschen Eishockey engagiert. Und starke Partner kann die DEL gut gebrauchen. Die Zuschauerzahlen sind in dieser Saison deutlich zurückgegangen. Wollten in der Vorsaison noch durchschnittlich 6.175 Zuschauer ein DEL-Spiel sehen, waren es in dieser Saison nur 5.475. Die AEG, die für die Eisbären in Berlin derzeit eine 17.000 Zuschauer fassende Halle errichtet und vor Kurzem zudem die Arena der Freezers erworben hat, soll die Liga wieder ins Plus bringen - gerne auch mit zwei Klubs.
In der Satzung der DEL jedenfalls gebe es, so Tripcke, keine Klausel, die es verbieten würde, dass zwei Klubs denselben Eigentümer haben. Nicht erlaubt sind natürlich Ergebnisabsprachen. Derartige Manipulationen können bis zum Lizenzentzug führen. Dafür aber gebe es "keinerlei Anhaltspunkte", so Tripcke. Heiko Plump, Pressesprecher der Freezers, ist es leid, darüber zu sprechen. Schon in der ersten Drittelpause des letzten Spiels gegen die Eisbären hätten Journalisten etwas von Manipulation gemunkelt, dabei sei doch klar, dass "kein Profi freiwillig verlieren will". Was die Event-Organisation angeht, würden die beiden Klubs aus Berlin und Hamburg sicher voneinander profitieren, der sportliche Wettbewerb bleibe dennoch fair.
Dass die Europäische Fußballunion Uefa vor vier Jahren erwogen hat, entweder ZSKA Moskau oder den FC Chelsea aus der Champions League auszuschließen, weil vermutet wurde, der russische Oligarch Roman Abramowitsch sei Eigentümer beider Klubs, daran kann sich auch Plump erinnern. Bei der Uefa ist im Sinne des Wettbewerbs verboten, was in der DEL erlaubt ist. Die Regel im Fußball: Hält eine Person oder ein Unternehmen an zwei Klubs die Mehrheit, dann dürfen diese nicht am selben europäischen Wettbewerb teilnehmen. Auch DEL-Chef Tripcke hat einen Fußballvergleich bei der Hand: "Das ist wie damals Bayer Uerdingen und Bayer Leverkusen. Da hat auch keiner etwas gesagt".
ZSKA Moskau und der FC Chelsea durften 2004/05 übrigens beide in der Champions League antreten. Zwar wurden die Moskauer von Sibneft, einer Ölfrima, die Abramowitsch gehörte, gesponsert, eine direkte Einflussnahme des Chelsea-Eigners bei den Russen konnte aber nicht nachgewiesen werden.
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