FDP-Europapolitiker Link zu Medwedjew: "Moskau ist kein strategischer Partner"
Russland ist zu weit von der Demokratie entfernt, um ein strategischer Partner Deutschland zu sein - meint der liberale Europapolitiker Michael Link
taz: Herr Link, wie bewerten Sie die Wahl?
Michael Link: Das war im besten Falle eine Abstimmung, aber keine Wahl im Sinne einer Auswahl. Diese Abstimmung war weder frei noch fair, dazu haben die Staatsorgane zu viel Druck ausgeübt und Medien zu stark manipuliert. Die Entscheidung der OSZE, keine Beobachter zu entsenden, war richtig, denn man darf sich nicht zum Teil einer Farce machen.
Der Heilbronner FDP-Politiker Michal Link, 45, ist Mitglied im Bundestagsausschuss für EU-Angelegenheiten.
Worin besteht für Sie das Erbe Putins?
Prägend für die acht Jahre unter Putin sind die Ausrichtung der Staatsorgane und der Wirtschaft auf das Machtzentrum, das heißt den Präsidenten. Übrigens wird Putins Erbe noch nicht angetreten, denn er bleibt ja im politischen Spiel.
Was erwarten Sie von Präsident Medwedjew?
Medwedjew hat im Wahlkampf ja mehrfach betont, dass er den Rechtsstaat und die Lebensverhältnisse der Bevölkerung verbessern möchte. Daran wird er gemessen werden, das heißt, hier muss er etwas erreichen. Bislang kommt der Wohlstand der Spitze nicht unten bei der Bevölkerung an, und das gilt vor allem für die Regionen. Das Geschäft ist: wachsender Wohlstand gegen politisches Wohlverhalten.
Wird Russlands Außenpolitik sich verändern?
Ich glaube nicht, dass es eine Revision des außenpolitischen Kurses geben wird. Allenfalls der Ton wird sich ändern. Natürlich gebührt Medwedjew eine faire Chance, aber man muss ihn dann auch beim Wort nehmen. Russland bleibt für Europa und auch für Deutschland ein wichtiger, jedoch kein strategischer Partner. Dazu ist das Land zu weit von der Demokratie entfernt. Deshalb sage ich: Kooperation ja, aber mit deutlichen Worten und zu klaren Bedingungen. Dabei muss diese Kooperation aber mehr sein als nur eine wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Kann Medwedjew sich von Putin emanzipieren?
Im Moment gibt es dafür noch keine Anzeichen. Das würde auch nicht zum Putinschen System passen.
Apropos Putin: In welcher Rolle sehen Sie ihn?
Ich glaube, er strebt eine Aufwertung des Amtes des Regierungschefs an - ein Art Kanzlerposten mit einer Richtlinienkompetenz.
INTERVIEW: BARBARA OERTEL
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