Reaktion auf unabhängiges Kosovo: Serben ringen um antiwestliche Politik

Die Partei von Premier Kostunica stimmt mit oppositionellen Radikalen und Sozialisten für den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen wegen Kosovo.

Stimmte mit für einen Stop der EU-Verhandlungen: Premier Kostunica. Bild: dpa

BELGRAD taz Die Krise der in der Kosovo-Frage seit Monaten gespaltenen serbischen Koalitionsregierung hat am Mittwoch auch das Parlament erfasst. Erstmals stimmten Abgeordnete der regierenden national-konservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) von Premier Vojislav Kostunica mit der oppositionellen, ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) und der von Slobodan Milosevic gegründeten Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) für eine von der SRS eingebrachte Kosovo-Resolution.

Die Resolution besagt, dass Serbien alle Verhandlungen über seine Mitgliedschaft in der EU einstellen wird, bis Brüssel eindeutig die territoriale Integrität Serbiens samt des Kosovo anerkennt. Gegen die Resolution waren die Demokratische Partei (DS) von Staatspräsident Boris Tadic, die ebenfalls regierende Partei "G 17 Plus" sowie einige bürgerliche Parteien und Parteien nationaler Minderheiten.

Die neue national orientierte Mehrheit setzte mit 133 von 250 Abgeordneten die Debatte über die Resolution auf die Tagesordnung. Danach brach der Parlamentspräsident und DS-Funktionär Oliver Dulic die Sitzung ab. Begründung: Zuerst soll sich die Regierung zu der Resolution äußern. Zuvor warnte SRS-Chef Tomislav Nikolic den Parlamentspräsidenten, er werde abgelöst, falls er die Sitzung unterbreche.

Am Mittwoch wusste niemand, wie es weitergehen soll. Ohne Koordination führen regierende Parteien über ihre Ministerien eine zum Teil völlig entgegengesetzte Außen- und Innenpolitik durch. In der Regierung hat Tadic die Mehrheit. Seine DS erkennt zwar das Kosovo ebenfalls nicht an, möchte die europäische Integration jedoch fortsetzen. Im Parlament hat Regierungschef Kostunica nun eine Mehrheit gebildet, die eine Zusammenarbeit mit jenen Staaten und internationalen Organisationen ablehnt, die die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen. Hardliner in der DSS und der SRS fordern, dass sich die Serben im Kosovo der "illegalen" Regierung in Prishtina und der "widerrechtlichen" EU-Mission Eulex notfalls auch mit Gewalt widersetzen. Die rechtliche Grundlage dafür finden sie in der UNO-Resolution 1244, die das Kosovo als Bestandteil Serbiens definiert. Wirtschaftsminister Mladjen Dinkic bezeichnete das Schüren antiwestlicher Stimmungen in Serbien als "kollektiven Wahnsinn." Er warf Kostunica vor, sich realitätsfremd zu verhalten.

Trotz allem will die DS ihre Minister in der Regierung belassen und nicht die Verantwortung für Neuwahlen übernehmen. Sollen doch Kostunica und die SRS im Parlament eine eigenen Regierung bilden, wenn sie Mut dazu haben, heißt es in der DS.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.