Cottbus besiegt Bayern München: Überleben gegen Überheblichkeit

Nach dem 0:2 beim Tabellenletzten FC Energie Cottbus zeigt sich der FC Bayern München, der designierte Meister, nur partiell schuldbewusst.

Miroslav Klose, entsetzt über das 0:2 und wohl auch über seine eigene Leistung. Bild: rtr

COTTBUS taz Der Privatflieger wartete schon auf Gerhard Tremmel. Es reichte auf dem Weg in die Kabine nur noch zu ein paar kurzen Sätzen, in denen er von einem "super Erlebnis" schwärmte, dann duschte er im Eilverfahren. Das ZDF flog den Torwart ins Sportstudio ein. Das ist ein seltenes Erlebnis für Spieler des kleinen FC Energie Cottbus, die aber an diesem Wochenende groß von sich reden machten. Auch Tremmel, dem etwas gelang, worum ihn viele beneiden werden.

Tremmel hielt einen Elfmeter von Franck Ribéry, der Lichtgestalt der Liga, der in dieser Saison drei Strafstöße schon so sicher und teilweise lässig verwandelt hat. Diesmal ging der Franzose kopfschüttelnd vom Platz und stammelte, er mache sich "sehr große Vorwürfe". Sein Arbeitshemd trug er noch am Leibe. Das war durchaus bemerkenswert. Kein Cottbuser gierte an diesem Tag nach dem Hemd von Ribéry. Aus gutem Grund: Mehrere Tage lang mussten die Profis des Tabellenletzten in der Presse den Spott ertragen, dass es für sie gegen den Tabellenführer nur noch darum gehe, wer das Trikot des Weltstars erhascht. Als wertvolle Erinnerung an die Abschiedstournee durch die Bundesliga. So weit aber ist es noch lange nicht. "Wir haben Charakter gezeigt", sagte Bassila.

"Cottbus kämpft ums Überleben, wir hatten auch was mit Ü im Spiel, nämlich Überheblichkeit", sagte Oliver Kahn. Hamit Altintop war ebenfalls ehrlich und sagte: "Wir waren einfach zu schlecht heute." Besser aber, er hätte es bei diesem selbstkritischen Satz belassen, denn es folgten einige weitere, verräterische. "Mir ist lieber, es geht so ein Spiel in die Hose als das gegen Wolfsburg, denn das ist eine K.-o-Runde." So weit ist es also schon: Der DFB-Pokal am Mittwoch wird als wichtiger eingeschätzt. Das kann nur eines bedeuten: Die Bayern sind sich in Sachen Meisterschaft ihrer Sache schon sicher, wie auch eine Wortmeldung von Kahn beweist. Ob er nicht befürchte, dass der Vorsprung weiter schmelze? "Nein, überhaupt nicht. Vielleicht wird es ja noch ein bisschen spannend." Das ist die natürliche Bayern-Arroganz.

In der Lausitz wurde sie dem Star-Ensemble zum Verhängnis, das in keiner Phase Siegeswillen zeigte. Sinnbild hierfür waren die beiden Tore durch den Serben Branko Jelic (18., 38.). Regelrecht düpieren ließen sie sich vom FC Energie, der noch mehr Treffer hätte erzielen können gegen schwerfällig und selbstgefällig auftretenden Münchner.

Hitzfeld wollte an diesem "rabenschwarzen Tag", wie er es nannte, gar nicht mehr hinsehen und schlug immer wieder die Hände entsetzt vors Gesicht. "Eine katastrophale Zweikampfbilanz" hatte er registriert, "wir liefen dem Gegner mehr hinterher als er uns", fauchte er. Das lasse für ihn nur einen Rückschluss zu: "Einige Spieler haben wohl geglaubt, dass die Meisterschaft ein Spaziergang wird, dass alles von alleine läuft." Der Coach kündigte harte Zeiten an. "Es gibt keine Geschenke mehr. Ich werde keine Zugeständnisse mehr machen. Es geht nur noch nach Leistung."

Gerhard Tremmel genoss den Tag besonders. Denn kaum einer weiß, dass er einmal für den großen FC Bayern gespielt hat. Neun Jahre alt war er, als Scouts des Rekordmeisters ihn entdeckten und vom SC Olching an die Säbener Straße holten. In der D-Jugend verließ der waschechte Münchner den Klub seiner Träume, weil er keinen Stammplatz mehr innehatte. Ein Problem, das sich lange durch seine Karriere zog, in Hannover, Berlin, auch lange in Cottbus war er überwiegend nur Ersatzmann. Doch mittlerweile hat er in der Lausitz das Torwartdenkmal Tomislav Piplica verdrängt, seinen Vertrag bis 2010 verlängert - und nun Vereinsgeschichte geschrieben mit seinem gehaltenen Strafstoß.

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