Verkaufte Tiere: Raubtierkäfigstimmung im Kuschelbärenzoo
Tierschützer und Grüne fordern den Rücktritt des Zoo- und Tierparkdirektors. Der Vorwurf: Tiere sollen spurlos verschwunden oder gar beim Schlachter gelandet und zu Potenzmitteln verarbeitet worden sein.
Genau ein Jahr, nachdem der erste öffentliche Auftritt von Eisbärenbaby Knut den Berliner Zoo auf Platz 1 der internationalen Schmusecharts katapultierte, ist nun wieder Hard- statt Kuschelrock angesagt. Bernhard Blaszkiewitz, Direktor des Zoos wie auch des Tierparks, sieht sich heftigen Vorwürfen und Rücktrittsforderungen ausgesetzt.
Nachdem der Zoodirektor bereits kürzlich mit seiner Absage der "Gay Night", einer seit Jahren mit großem Erfolg im Zoo gefeierten Schwulen- und Lesbennacht, den Unmut der BerlinerInnen vom Lesben- und Schwulenverband bis zur Tourismus Marketing GmbH erregt hatte, steht Blaszkiewitz jetzt unter Verdacht, Zootiere an zwielichtige Händler verkauft zu haben. Unter anderem geht es bei den Vorwürfen, die sich teils auf Vorgänge aus den neunziger Jahren beziehen, um den Verkauf von Kragenbären und einem Zwergflusspferd an einen Tierschlächter sowie die Abgabe von Tigern und Jaguaren an chinesische Potenzmittelhersteller. Die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling hat deshalb am Montag bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Blaszkiewitz gestellt.
Auf ihrer Internetseite dokumentiert Hämmerling einen Schriftwechsel mit dem Fremdenverkehrsamt der belgischen Stadt Wortel, an deren Zoo Kragenbären und ein Zwergflusspferd aus Berlin weitergegeben worden sein sollen. Auskunft des Fremdenverkehrsamts: Es gibt dort gar keinen Zoo. Statt dessen einen Händler für exotische Tiere - der möglicherweise nicht nur mit lebenden Tieren handelt. Hämmerling präsentiert auf ihrer Website auch zwei Videos. Sie stammen nach ihren Angaben aus der SWR-Sendung "Report" und zeigen die Hinrichtung und Häutung eines Tigers - im belgischen Wortel. Vor dem Link zu den Filmen wird auf der Webseite gewarnt: "Für Kinder und sensible Personen nicht geeignet."
Zoodirektor Blaszkiewitz weist die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurück. Er sehe sich und den Zoo "als Ziel einer Kampagne", sagte Blaszkiewitz der Deutschen Presseagentur (DPA). Tierschutzorganisationen unterstützen die Kritik der Grünen-Politikerin Hämmerling. Nach DPA-Angaben verfügt der Berliner Tierschutzverein über Hinweise, dass der Zoo Tierhandel betreibe. Abnehmer sollen unter anderem Zirkusse sein. Die Tierschutzorganisation PETA fordert gar den Rücktritt Blaszkiewitz. Der Grund: Dem Zoodirektor hätte bekannt sein müssen, dass bei einem Tierhändler, den er als vertrauenswürdig einstuft, des öfteren Tiere spurlos verschwunden seien.
Sie schließe sich den Rücktrittsforderungen an, sagte Claudia Hämmerling am Freitag der taz. Ihrer Anzeige gegen Blaszkiewitz hat sie unterdessen noch weitere Vorwürfe hinzuzufügen. So sei ein Tierhändler, dem Zoounterlagen zufolge noch 2006 mehr als 20 Tiere übergeben worden seien, nach eigenen Angaben seit sechs Jahren gar nicht mehr tätig. Hämmerling: "Was Blaszkiewitz da tut, schadet der ganzen Stadt."
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