die wahrheit: Zürcher Hurenrecht

Gottfried Benn fragte einmal ironisch in einem seiner Gedichte: "Meinen Sie Zürich zum Beispiel / sei eine tiefere Stadt, / wo man Wunder und Weihen / immer als Inhalt hat?"...

... Was die "Weihen" betrifft, könnte sich Benn geirrt haben, denn die Stadt steht unter der "Weihe" des Rechts.

Der Fall trug sich vor einiger Zeit tatsächlich zu und ist gerichtlich verbürgt. Die handelnden Personen: eine Prostituierte aus Kamerun und ein Zürcher Rechtsprofessor sowie Schweizer Polizisten und Richter. Der Professor war angetan von der schwarzen Frau und bot ihr per Handschlag einen Deal an: Gegen 10.000 Franken monatlich sollte sie mit ihm eine "dauerhafte Bindung" eingehen und ihm jederzeit exklusiv "zur Verfügung stehen".

Während acht Monaten lief der Deal völlig reibungslos, was das Geld betrifft, denn ein Zürcher Juraprofessor zahlt 10.000 Franken pro Monat aus der Portokasse. Aber dann geriet der Professor mit seinen Zahlungen in Verzug und bediente sich gratis. Die Frau ergriff keine Rechtsmittel. Der Kunde bestellte und entkleidete sich wie immer. Aber auf einmal wurde es der Frau zu bunt. Sie verschwand mit den Kleidern und Wertsachen des Professors. Nach kurzer Zeit kam sie - ohne die Kleider des Juristen - zurück und verlangte die ausstehenden 50.000 Franken.

Nun klingelte beim Professor das Rechtsbewusstsein, und er rief mittels seines Mobiltelefons, die Polizei. Das glaubte die resolute Afrikanerin verhindern zu können, indem sie den Gelehrten ins Klo sperrte. Dann ging sie in eine Bar nebenan.

Doch der Rechtsstaat nahm seinen Lauf. Die Polizei kam, befreite den Professor und leistete ihm Personenschutz beim Abzug in Frauenkleidern. Die Frau wurde in der Bar nebenan verhaftet und später wegen Nötigungsversuchs angeklagt und zu 14 Tagen Gefängnis und 1.000 Franken Buße verurteilt, obwohl die Verteidigung auf Freispruch plädiert hatte.

Selbst auf das Argument, der Professor hätte sein "Gefängnis" in Frauenkleidern verlassen, also der Nötigungssituation entfliehen können, hatte das Gericht eine den Kollegen Professor schonenden Bescheid: "Gerade bei der beruflichen Stellung" der Rechtsprofessors sei diesem "nicht zuzumuten … in Frauenkleidern auf die Straße zu gehen." Ins Rassistisch-Maskuline übersetzt: Unser "zivilisatorisches" Niveau verbietet die Demütigung weißer Männer durch schwarze Frauen. Basta.

So kam es kraft Gerichtsentscheid zwar nicht zu Benns "Wunder", aber wenigstens zu einem rundum rechts- und sachdienlichen Beweis für die "Weihe" des Zürcher Justizpersonals. Der Professor und die Richter wussten selbstverständlich schon seit ihren Studientagen - im Unterschied zur rechtsunkundigen, aber lebensklugen Afrikanerin -, dass Verträge von Prostituierten mit Kunden sittenwidrig, also nichtig und nicht einklagbar sind. Der Juraprofessor war fein raus. Sein Vertrag per Handschlag verpflichtete ihn zu rein gar nichts.

Mit solchen Gesetzen, solchen Richtern und solchen Rechtsprofessoren ist der abendländische Rechtsstaat bestens geschützt gegen Anschläge afrikanischer Frauen, die Männern des Rechts vertrauen und sie beim Wort nehmen.

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kari

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