Kommentar Pendlerpauschale: Lafontaines Breitbandlobbyismus

Ökologen warnen: Die Pendlerpauschale ist eine Prämie für die Zersiedlung. Lafontaine will mit ihrer Wiedereinführung nach vorne stürmen, Huber will seine Haut retten.

Mit Oskar Lafontaine erhält der politische Begriff "links" eine neue Bedeutung. Links ist jetzt, was den Autofahrern dient. Und den Radfahrern. Und den Bahnfahrern. Auch den Fußgängern. Also allen Leuten, die irgendwie unterwegs sind. Links heißt Fortbewegung. Das hat Lafontaine, Parteichef der Linken, nun festgestellt, indem er die Wiedereinführung der Pendlerpauschale verlangt. Wie früher soll der Staat allen, die zur Arbeit pendeln, einen Zuschuss pro Kilometer gewähren.

Links ist, was den Rentnern nützt. Links ist, was den Arbeitslosen nützt. Das hatte Lafontaine früher bereits definiert. Nun kommt eine neue Gruppe hinzu. Die Linke unterstützt die Mobilen - egal, mit welchem Verkehrsmittel sie unterwegs sind, egal, in welcher Lage sie sich befinden. Wer 4.000 Euro im Monat verdient, kann die Pendlerpauschale ebenso in Anspruch nehmen wie ein Niedriglohnjobber. Mit derart unkompliziertem Breitbandlobbyismus bringt Lafontaine die Linke in den Umfragen bundesweit auf zehn Prozent oder mehr.

Mit guten Argumenten hat die große Koalition die milliardenteure Subvention des Verkehrs 2007 stark eingeschränkt. Irgendwo muss die Regierung anfangen, wenn sie niedrige Steuereinnahmen und hohe Staatsausgaben ins Gleichgewicht bringen will. Und Ökologen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Pendlerpauschale eine Prämie für die Zersiedlung der Landschaft sei. Vornehmlich finanziert die Allgemeinheit damit die Blechlawine, die sich morgens aus den Schlafsiedlungen in die Städte hinein- und abends wieder herauswälzt.

Diese Erwägungen interessieren die Linke wenig. Lafontaines Partei ist in einer vorteilhaften Position. Für sie geht es aufwärts - im Gegensatz zur CSU unter ihrem für bayerische Verhältnisse zu braven Parteichef Erwin Huber. Der hat die Wiedereinführung der Pendlerpauschale am Wochenende ebenfalls gefordert, um Profil vor der Landtagswahl zu demonstrieren. Zwei unterschiedliche Politiker - ein Kalkül. Fortbewegung ist Fortschritt. Es geht voran. HANNES KOCH

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.