Partei-Rebell über grüne Koalitionsspielchen: "Trittins Strategie wird nicht aufgehen"

Rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2009 gibt der Parteilinke Jürgen Trittin das Signal: Wir können mit jedem! Grünen-Rebell Robert Zion will aber nicht bei "irgendwelchen Parteien gucken, wie sie zu uns passen".

Robert Zion: "Die Bedeutung von Union und SPD schrumpft. Wenn die regieren wollen, brauchen sie uns." Bild: dpa

taz: Herr Zion, Jürgen Trittin will ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf 2009 gehen. Ist das der endgültige Abschied vom Projekt Rot-Grün?

Robert Zion: Trittin hat einfach ausgesprochen, was Realität ist. Rot-Grün war ein Generationenprojekt von Menschen, die eine gemeinsame Vergangenheit geteilt haben - den Protest gegen die herrschenden Verhältnisse und den Marsch durch die Institutionen beispielsweise. Künftig wird es für eine Zusammenarbeit mit der SPD nicht mehr das aufgeladene Wort Projekt geben. Es wird einfach Koalition heißen.

Soll der linken Basis damit eine Zukunft schmackhaft gemacht werden, in der auch Koalitionen mit CDU und FDP möglich sind?

Dass diese Strategie der Grünen-Führung aufgeht, glaube ich nicht. Die letzten beiden Parteitage haben gezeigt, dass es an der Basis nicht unbedingt den Wunsch gibt, bei irgendwelchen anderen Parteien zu gucken, wie die zu uns passen. Die grüne Basis hat den Wunsch, die eigenen Positionen zu prüfen und zu überdenken. Wie stehen wir zu Einsätzen der Bundeswehr? Wie soll der Sozialstaat aussehen? Das sind die Fragen, mit denen sich die Basis beschäftigen will.

Damit würden die Grünen noch hinter die FDP zurückfallen. Deren Chef Guido Westerwelle hat ebenfalls erklärt, für die Bundestagswahl 2009 keine Koalitionsaussage machen zu wollen.

Es besteht eine Gefahr bei all diesen Koalitionsspielchen: dass die Grünen ein Image als reine Machtopportunisten bekommen, die alles tun, damit sie regieren können. Und was die FDP betrifft - deren Schwenk halte ich für sehr viel unglaubwürdiger als die Aussagen von Trittin.

Warum?

Weil die FDP seit den 80er-Jahren eine betonharte Klientelpolitik für die Globalisierungsgewinner betreibt. Ihre bürgerrechtlichen Themen hat sie vergessen. Natürlich gibt es noch Linksliberale in der Partei, aber die haben keine Macht. Die FDP hat für diesen Rechtskurs sehr viel gezahlt. Denn das bürgerrechtsbewegte Bürgertum, die Aufgeklärten, wählen längst uns und nicht die Freidemokraten. Jedenfalls ist die FDP mit ihrem derzeitigen Gebaren und ihrer neoliberalen Betonideologie selbst für die Union ein nicht ganz einfacher Partner. Für die SPD wäre sie ein schwieriger Partner - und eine Zusammenarbeit mit den Grünen ist derzeit wenig vorstellbar.

Fritz Kuhn hat Anfang März gesagt, die Grünen müssten künftig nach mehr Gemeinsamkeiten mit der FDP suchen, damit man in künftigen Koalitionen nicht von den Volksparteien erdrückt wird. Da machen Sie offenbar nicht mit, oder?

Kuhn hat auch gesagt, dass die FDP die Partei ist, welche die Grünen-Basis am heftigsten verabscheut. Und damit hat er recht. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Es gibt an dieser Stelle eine grundsätzliche Kluft zwischen Parteibasis und Fraktionsspitze. Während die Basis über Inhalte diskutieren will, denkt die Führung vor allem daran, die Partei so anschlussfähig wie möglich zu machen. Und was die Volksparteien betrifft - ich sehe die Gefahr des Erdrückens nicht. Die Bedeutung von Union und SPD schrumpft. Wenn die regieren wollen, brauchen sie uns.

Allein mit Selbstbesinnung werden die Grünen sich in einem Fünfparteiensystem aber schwertun. Wäre es Ihnen lieber, über eine Öffnung zur Linken zu sprechen?

Niemand spricht von reiner Selbstbesinnung, sondern davon, dass die Grünen-Spitze dem Wunsch nach inhaltlicher Diskussion nur unzureichend nachkommt. Nur wenn wir wissen, wofür wir stehen, können wir Koalitionen eingehen, in denen wir sichtbar bleiben. Und was die Linken betrifft - auch da sieht die Grünen-Basis große Differenzen. Diese Partei ist einfach zu staatsfixiert und wenig linksliberal. Sie stellt die richtigen Fragen, aber sie hat keine Antworten. Und die Grünen, welche etwas mit der Linken anfangen können, sind schon längst in diese Partei gewechselt.

Sie sagen, der Abschied von Rot-Grün ist nicht so dramatisch. Heißt das, bei Ihnen in Nordrhein-Westfalen kann man es auch mal mit der CDU versuchen?

Um Himmels willen, nein. Die Politik der CDU-FDP-Regierung repräsentiert all das, was wir nicht wollen. Wir müssen hier versuchen, mit der SPD bei den nächsten Landtagswahlen eine Mehrheit zu erringen. Und was die Linke betrifft - die müssen wir draußenhalten und selbst die Stimmen bekommen.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ

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