EU-Unterstützung für Anrainerstaaten : Mehr Geld aus Brüssel für Nachbarn

Die EU will ihre Nachbarschaftspolitik gegenüber den Mittelmeeranrainern und Osteuropa intensivieren. Kritiker fürchten einen dauerhaften Status zweiter Klasse.

Gab sich in Geldfragen geheimnisvoll: EU-Kommissarin Ferrero-Waldner : dpa

BRÜSSEL taz Die EU-Kommission hat ein Werbefilmchen über ihre Nachbarschaftspolitik produzieren lassen. Darin beugen sich kleine braunhäutige Jungen und kopftuchverhüllte junge Mädchen über die Computerbildschirme eines EU-finanzierten Mediencenters in einer marokkanischen Schule. Sie informieren sich über "die Risiken illegaler Einwanderung", wie der Nachrichtensprecher erklärt. Mit Projekten wie diesen will die EU-Kommission den Einwanderungsdruck nach Europa abmildern.

Gestern veröffentlichte Brüssel zwölf Fortschrittsberichte über die Partnerländer, mit denen sich die EU auf "Aktionspläne" geeinigt hat. Darunter sind neben Marokko auch andere Mittelmeeranrainer wie Ägypten oder Tunesien, dazu die streitenden Nachbarn Israel und Palästina. Mit Syrien habe die EU wegen "mangelnder Zusammenarbeit in der Nahostfrage und beim Hariri-Tribunal im Libanon" noch kein Assoziationsabkommen unterzeichnet, wie die zuständige Kommissarin Ferrero-Waldner erklärte.

Die Staaten der ehemaligen Sowjetunion hingegen sind fast alle dabei. Die nach Ländern sortierten Fortschrittsberichte enthalten die übliche Mängelliste, die auch in den Jahresberichten der Beitrittskandidaten regelmäßig wieder auftaucht: schleppende Justizverfahren, mangelnde Rechtsstaatlichkeit, Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefizite.

Trotzdem nannte Ferrero-Waldner die Berichte "ermutigend". Mit der Ukraine und Moldawien wird derzeit darüber verhandelt, die Programme auszuweiten. Ebenso wie Marokko sollen diese Länder künftig mehr Fördermittel aus Brüssel erhalten. Ferrero-Waldner wollte aber gestern noch nicht verraten, wie viel Geld für welche Projekte bereitgestellt werden soll.

Gerade in der Ukraine und Moldawien sieht man die Nachbarschaftspolitik mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist das Geld aus Brüssel willkommen, um die politischen Strukturen für einen späteren EU-Beitritt fit zu machen. Andererseits fürchten viele, die Nachbarschaftspolitik solle den Beitritt nicht vorbereiten, sondern ersetzen. "Nach dem Modell der konzentrischen Kreise um die Europäische Union herum" will Elmar Brok, der außenpolitische Sprecher der Konservativen im EU-Parlament, das Instrument verstanden wissen. Sein sozialdemokratischer Kollege Vural Öger warnt hingegen davor, die Nachbarn auf Dauer mit einem Status zweiter Klasse abzuspeisen.

Einen "erweiterten Wirtschaftsraum" Richtung Osten, Richtung Nordafrika und auch Richtung Türkei nach dem Vorbild der Zusammenarbeit mit der Schweiz oder Norwegen hält Elmar Brok für erstrebenswert. Dieses Modell biete "den entscheidenden Vorteil, dass es den Nachbarschaftsstaaten einen sichtbaren Zuwachs nicht nur in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch bei der inneren Sicherheit" biete.

Für Ferrero-Waldner besteht zwischen beidem ein enger Zusammenhang. Kriminalität und Korruption schreckten Investoren ab. Eine neue "Osteuropa-Union" nach dem Vorbild der von Nicolas Sarkozy favorisierten "Mittelmeer-Union" lehnt die Kommissarin ab. "Bevor wir immer neue Unionen schaffen, sollten wir die Strukturen mit Leben erfüllen, die schon bestehen."

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