Tarifverhandlungen: Lehrer in neuer Gehaltsklasse

Als erste Landesbedienstete haben angestellte Lehrer Aussicht auf mehr Lohn. Die Verhandlungen stehen vor dem Durchbruch. Bewegung im Tarifstreit im öffentlichen Dienst bringen

Die jüngste Großdemonstration der Gewerkschaften in Berlin zeigt erste Erfolge Bild: DPA

Rund 3.000 junge Lehrer dürfen sich schon jetzt auf Weihnachten freuen: Der Senat ist offenbar bereit, den seit 2004 eingestellten Lehrern künftig Urlaubs- und Weihnachtsgeld, also ein 13. Monatsgehalt, zu zahlen. "Wir stehen vor einem Durchbruch", sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Rosemarie Seggelke, am Dienstag. Auf dem Treffen am heutigen Mittwoch mit dem obersten Dienstherrn, Innensenator Ehrhart Körting (SPD), wolle man letzte Punkte eines auf Arbeitsebene fertig ausgearbeiteten Tarifvertrags klären, bestätigte dessen Sprecherin Nicola Rothermel. Gelingt dies - wovon beide Seiten ausgehen -, wären angestellte Lehrer die ersten Landesbediensteten, denen der Senat bei den Gehaltforderungen entgegenkäme.

Weitere Gruppen könnten folgen. Auch Erzieher, Sozialarbeiter, Verwaltungsangestellte und alle übrigen 114.000 Landesbediensteten verlangen mehr Gehalt vom Land. Gegenwärtig lassen die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, die Polizeigewerkschaft und die GEW ihre Mitglieder über einen unbefristeten Streik abstimmen. Sie fordern 2,9 Prozent mehr Lohn und je 300 Euro für die vergangenen drei Jahre. Die Urabstimmung endet am 25. April.

Körting hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass er über Einmalzahlungen in Höhe von 200 Euro reden würde - ein Angebot, das die Gewerkschaften brüsk zurückwiesen. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist inzwischen bereit, den Beschäftigten entgegenzukommen. "Wir hoffen weiterhin, dass man sich auf dieser Basis näher kommt", sagte sein Sprecher Richard Meng.

Bisher hatten Wowereit und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) auf den gültigen Tarifvertrag, den sogenannten Solidarpakt, gepocht und jegliche Tarifgespräche bis 2010 kategorisch ausgeschlossen. Den Solidarpakt hatten das Land und die Gewerkschaften vor fünf Jahren geschlossen, nachdem Berlin aus dem öffentlichen Arbeitgeberlager ausgeschert war. Der Pakt brachte den Landesbediensteten deutliche Lohneinbußen, sicherte ihnen aber kürzere Arbeitszeiten und Kündigungsschutz zu. Erst 2010 will Berlin wieder an das Gehaltsniveau der anderen Bundesländer andocken.

Die 5.000 angestellten Lehrer waren 2003 die einzige Gruppe, die dem Solidarpakt nicht beitraten, da Arbeitszeitverkürzungen eine akute Personalnot ausgelöst hätten. Anders als die 23.000 verbeamteten Lehrer haben sie seitdem keinen Tarifvertrag und verdienen bis zu 800 Euro weniger als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. "Junge, gut ausgebildete Lehrkräfte verlassen Berlin", so Seggelke. So hätten sich im letzten Jahr allein 80 Lehrer in Hamburg niedergelassen.

Vor allem in naturwissenschaftlichen Fächern werden Lehrer bereits jetzt gesucht. Die GEW warnt davor, dass die Situation sich verschärfen werde, wenn in einigen Jahren auf einen Schlag tausende Lehrer in Pension gingen. Die Mehrheit der Lehrer ist jenseits der 50. Seggelke begrüßte daher den fast ausgehandelten Tarifvertrag: "Senator Körting kann hier ein Zeichen setzen." Zwei Punkte möchte die GEW noch durchsetzen: Ältere Kollegen sollen weniger unterrichten müssen, und angestellte Lehrer sollen weiterhin streiken dürfen.

Gelinge ein Abschluss, so wäre dies auch ein positives Signal für die streikbereiten Landesbediensteten, hofft die GEW.

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