Gymnasium vs Grundschule: Bessere Lehrer, bessere Schulen

Nach einer neuen Studie wächst die Kritik an der sechsjährigen Grundschule: Eltern und Lehrer fordern Fachlehrer für die Klassen fünf und sechs. Sonst seien Gymnasien die bessere Lösung.

Nach der vierten Klasse reichte es ihr: Gudrun Scholz* aus Lichtenberg meldete ihr Kind am Gymnasium an. "Als meine Tochter in der Grundschule war, waren sämtliche Lehrer dort über 50." Nicht nur, dass diese häufig ausfielen. "Diese Lehrer hatten oft auch für den Fachunterricht, der ab der fünften Klasse stattfindet, nicht die Ausbildung." Jetzt werde das Kind besser gefördert: Die Lehrer am Gymnasium seien jünger und kompetenter.

Der Berliner Bildungsforscher Rainer Lehmann gibt der Mutter mit seiner noch unveröffentlichten Schulstudie Recht. "Bei gleicher Ausgangslage lernen Schüler an Gymnasien weitaus mehr als an Grundschulen", sagte Lehmann am Donnerstag in der Zeit. Ergo müssten Schüler früher getrennt werden, damit sie besser gefördert werden könnten (taz berichtete). Die Studie erstellte Lehmann seit 2003 im Auftrag des Senats und ließ sie diesem in der vergangenen Woche zukommen. In Berlin werden die Kinder regulär erst nach der sechsten Klasse in verschiedene Schulformen aufgeteilt - im Unterschied zu den meisten Bundesländern. 8 Prozent der Schüler wechseln jedoch auch hier nach der vierten Klasse auf "grundständige" Gymnasien.

Lehrer- und Elternvertreter wollen Lehmanns Kritik an der sechsjährigen Grundschule nicht uneingeschränkt teilen. "Das ist ein reines Ausstattungsproblem", sagt Heiner Sievert, Sprecher des Verbands Bildung und Erziehung, der 23.000 verbeamtete Lehrer vertritt. "In der fünften und sechsten Klasse fehlen an den Grundschulen ausgebildete Fachlehrer." Vor allem Physik und Mathe werde von fachfremden Lehrern erteilt. Solange dies der Fall sei, würde auch er den Eltern leistungsstarker Kinder raten, ihr Kind nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium zu schicken.

Auch der Vorsitzende des Landeselternausschusses, André Schindler, empfiehlt das. Doch sei er kein strenger Verfechter der vierjährigen Grundschule: "Der Senat muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir gerade in der fünften und sechsten Klasse anderes Personal brauchen. Aber nicht die abgeschobenen Lehrer der Oberschulen, sondern frisches Blut." Zudem müsste der Unterricht auch nach fachlichen Kriterien beurteilt werden, meint Schindler. Er fordert Inspektoren, die im Unterricht beobachten, wie gut die Lehrer den Stoff, den sie vermitteln, selbst beherrschen.

Bestätigt durch Lehmanns Studie fühlen sich hingegen die Gymnasiallehrer. "Wir waren schon immer dafür, die Kinder nach der vierten Klasse zu trennen", sagt die Vorsitzende des Philologenverbands Kathrin Wiencek. Das sei wie beim Fußball: "Wenn ich die Guten eher bekomme, kann ich mehr aus ihnen machen."

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