Missbrauchsfall in Österreich: Eigene Tochter 24 Jahre eingesperrt

Ein Österreicher soll seine heute 42-jährige Tochter in einem Kellerverlies gefangen gehalten und regelmäßig sexuell missbraucht haben. Die Mutter und Nachbarn wollen nichts bemerkt haben.

Hinter diesen Mauern missbrauchte der Vater seine Tochter über zwei Jahrzehnte lang - und soll sogar sieben Kinder mit ihr gezeugt haben. Bild: dpa

WIEN taz "Sucht mich nicht, denn es wäre zwecklos und würde mein Leid und das meiner Kinder nur erhöhen. Auch zu viele Kinder und Bildung sind dort nicht erwünscht." Mit diesen Zeilen hatte eine heute 42-jährige Niederösterreicherin vor über zwei Jahrzehnten gegenüber Verwandten ihr Verschwinden erklärt. Sonntag wurde bekannt, dass Elisabeth F. seit 24 Jahren von ihrem Vater in einem Verlies gefangen gehalten und regelmäßig missbraucht worden war.

Das Haus in der Stadt Amstetten, rund 90 Kilometer westlich von Wien, war genauso unauffällig wie dessen Bewohner. Zumindest in der Wahrnehmung der Nachbarn. Erst als vor einer Woche die 20-jährige Sandra ohne Bewusstsein und sterbenskrank dort aufgefunden wurde, begannen sich die Behörden für die Familie zu interessieren. Sandra ringt im Krankenhaus von Amstetten mit dem Tod. Was ihr fehlt, konnten die Ärzte bisher nicht aufklären.

Die Suche nach der Mutter verlief zunächst ergebnislos und warf eine Reihe von Fragen auf. Wie die Polizei gegenüber dem ORF bestätigte, war der 73-jährige Großvater, bei dem die junge Frau lebte, auch gleichzeitig ihr Vater. Die Kinder waren bei ihm als Pflegefälle gemeldet. Deren Mutter lebte unter Umständen, die noch aufgeklärt werden müssen, im Keller des Hauses als Gefangene. Die letzten Meldedaten, die von ihr vorliegen, stammen aus dem Jahr 1984. Elisabeth F. und ihr Vater wurden schließlich bei einem Besuch im Krankenhaus aufgegriffen. Der Mann wurde festgenommen, machte aber zunächst keine Aussagen, wie die Polizei erklärte. Die Mutter von Elisabeth, Rosemarie F., behauptet, sie habe von der Gefangenschaft ihrer Tochter nichts gewusst. Die verstörte und psychisch auffällige Elisabeth F. war erst zu Aussagen vor der Polizei bereit, als man ihr versprach, den Vater von ihr fernzuhalten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in St. Pölten soll die Frau im August 1984 von ihrem Vater in den Keller gelockt, betäubt und gefesselt worden sein. Von sieben Kindern, die in Gefangenschaft geboren wurden, ist eines mit wenigen Tagen gestorben. Das Zwillingskind soll 1996 vom Vater verbrannt worden sein. Sexuellem Missbrauch sei die Gefangene ab dem elften Lebensjahr ausgesetzt gewesen.

Anfangs hatten die Behörden aufgrund des kryptischen Briefes vermutet, die Frau befinde sich in der Hand einer Sekte. Die Wahrheit sollte sich als noch weit makabrer herausstellen. Da eine strikte Nachrichtensperre verhängt wurde, weiß die Öffentlichkeit wenig mehr, als dass die Gefangene befreit wurde und mit ihren Kindern von einem Kriseninterventionsteam betreut wird. DNA-Untersuchungen sollen die Verwandtschaftsverhältnisse aufklären. Einige der Kinder haben auch die Schule besucht und sollen dort weder durch unterdurchschnittliche Lernerfolge noch durch Verwahrlosung aufgefallen sein.

Die Affäre übertrifft in manchen Aspekten noch den Fall der Natascha Kampusch, die im August 2006 nach achtjähriger Gefangenschaft aus der Gewalt ihres Kidnappers entweichen konnte.

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