Kommentar Rente und Steuern: Der eine nimmt, der andere gibt

Die Sozialdemokraten wissen, wo sie kassieren wollen - bei den Millionengehältern. Und die CDU hat bereits erkannt, wo sich diese Zusatzeinnahmen sinnvoll ausgeben ließen - für Mindestrenten.

Millionengehälter für Manager sind empörend, wenn gleichzeitig die Reallöhne ihrer Angestellten sinken. Trotzdem ist nicht jeder Vorschlag gut, der sich dieser Diskrepanz annimmt. Skurril ist etwa die jüngste SPD-Idee, die Managergehälter zu begrenzen, die die Unternehmen als Kosten bei der Steuer geltend machen können. Nur noch eine Million sollen die Chefs verdienen dürfen.

Die Gegenfrage stellt sich sofort: Und was ist mit Fußballstars oder berühmten Fernsehmoderatoren? Dürfen die auch nur noch eine Million erhalten? Der SPD-Vorschlag zieht die Grenzen so willkürlich, dass er eine Klage beim Bundesverfassungsgericht niemals überstehen dürfte. Zudem ist die SPD-Idee seltsam kompliziert: Man könnte einfach den Spitzensteuersatz anheben, wenn man denn der Meinung ist, dass hohe Gehälter eine soziale Verantwortung nach sich ziehen.

Aber wahrscheinlich zielt die SPD gar nicht auf die Realität, sondern wollte nur Symbolpolitik betreiben. Beim Wahlvolk sollte die Botschaft ankommen, dass auch die Sozialdemokraten sozial sind. Ein gewisser Bedarf für diese Versicherung existiert: Schließlich profiliert sich bei der CDU gerade NRW-Ministerpräsident Rüttgers als das Sozialgewissen der Nation, indem er eine Mindestrente jenseits des Hartz-IV-Satzes fordert.

Allerdings ist auch Rüttgers Initiative nicht ganz frei von Skurrilitäten, denn eine naheliegende Frage hat er bisher lieber nicht beantwortet: Wer soll denn, bitte schön, die Mindestrente finanzieren? Die Rentenkassen selbst werden damit überfordert sein - nur wegen ihrer Kassennot sinken ja die Renten in Zukunft. Letztlich steuert Rüttgers also auf eine Steuererhöhung zu, obwohl das für die CDU ein Unwort ist.

Und so passen die etwas disparaten Debatten bei Union und SPD dann doch zusammen: Die Sozialdemokraten wissen, wo sie kassieren wollen - bei den Millionengehältern. Und die CDU hat bereits erkannt, wo sich diese Zusatzeinnahmen sinnvoll ausgeben ließen - für Mindestrenten. Das wäre doch ein Projekt für den nächsten Koalitionsausschuss.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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