Gabriele Pauli geht zum 1. Mai: Nützlich, aber zu schrill

Sie ging als die "schöne Landrätin" in die CSU-Geschichte ein und stürzte den Ministerpräsidenten. Dann wurde sie abserviert. Dabei bräuchte die Partei einen Wandel.

Am Ende war sie wohl doch zu schrill - Undank ist der Welten Lohn. Bild: dpa

BERLIN taz Gabriele Pauli geht zum ersten Mai. Sie war eine der jüngsten und später die bekannteste Landrätin Deutschlands, sie war der Zünder an der Lunte. Sie hat sich getraut - oder vorschicken lassen, je nach Sichtweise - als die CSU-Spitze Edmund Stoiber endlich los sein wollte. Und sie hat den deutschen Politjournalisten einige abwechslungsreiche Tage in ihrem tristen Beck-Merkel-Staatsmänner-Einerlei gebracht.

Was sie mit ihren 50 Jahren und ihrer Bekanntheit weiterhin macht, weiß sie noch nicht oder will sie nicht sagen: Konkrete Pläne habe sie nicht, so Pauli. Allerdings: Sie bedauert ihren Abschied aus der Politik nicht. "Ich würde alles noch einmal so machen. Auch die Fotos mit den Latex-Handschuhen", sagte die Politikerin heute Bunte.de. "Ich bereue nichts. Mir geht's doch gut", sagte Pauli. "Die anderen hatten Probleme, ich nicht."

Offiziell war Pauli Landrätin in Fürth-Land. Sie trat nach 18 Jahren nicht mehr zur Wiederwahl an. Das nahm der Kreistag Mitte April zum Anlass, ihre Pension von monatlich knapp 4.000 Euro erst in 12 Jahren auszubezahlen, denn: Nach dem bayerischen "Gesetz über Kommunale Wahlbeamte", zu denen auch Landräte gehören, kann die Auszahlung der Pension bis zum Ende des 62. Lebensjahres hinausgeschoben werden, "wenn sich der Beamte ohne wichtigen Grund nicht zur Wiederwahl für sein Amt stellen ließ oder die Wahl nicht angenommen hat, obwohl er dienstfähig war." Es war ausgerechnet ein Antrag der SPD-Kreistagsfraktion. Dabei hat Pauli der SPD doch die ersten lichten Momente im Freistaat Bayern seit gefühlten 90 Jahren verschafft. Und sie war diesen November aus der CSU ausgetreten. Undank ist der Welten Lohn.

Pauli hatte 2007 ausgesprochen, was alle Oberen in der CSU dachten: Der Stoiber sollte endlich nach Berlin in die Bundesregierung verschwinden, die Nachfolge war mehr oder weniger geregelt - und dann zuckte Edmund im letzten Augenblick zurück. Warum auch immer. Jetzt soll er weg, so Pauli, damals immerhin Mitglied im CSU-Vorstand. Pauli wurde von Stoibers Mitarbeitern ausgeforscht, hatte einen deprimierenden Auftritt beim CSU-Parteitag, wo sie aus dem Vorstand flog und ihre Anträge abgeschmettert wurden. Sie war wohl doch zu schrill. Ihr Duz-Parteifreund und Mit-Mittelfranke Günther Beckstein ließ sie fallen, obwohl er duch sie Ministerpräsident wurde. Die Pauli-Auftritte ließen ihm aber auch kaum eine andere Wahl: Vor allem mit der Forderung, Ehen per Gesetz auf sieben Jahre zu begrenzen, war sie endgültig aus der Sphäre der Politik in die der zweitklassigen Talkshows abgeglitten.

Für die bayerischen Stammtische wirkte Pauli und der Stoiber-Auftritt wie eine kalte Dusche. Plötzlich begannen Viele nachzugrübeln, ob es wirklich immer eine absolute Mehrheit der CSU braucht. Und was denn deren Spitzenleute so haben, was sonst keiner im Freistaat hat. Das heißt noch lange nicht, dass nun alle die SPD wählen. Aber die Freien Wähler gewannen bei den jüngsten Kommunalwahlen am 2. März erheblich an Stimmen. Auch die Grünen schnitten gut ab. Bei den Freien Wählern sitzen diejenigen, die früher wenn schon, dann in der CSU gewesen wären: Tierärzte, Fuhrunternehmer und andere Local heros. Sowas ist gefährlich für die CSU, da droht sie schnell ihren Vorsprung bei der Verwurzelung in den Milieus zu verlieren.

Gerade in Paulis Region Mittelfranken ist die Mehrheit der CSU nun auch auf dem Land gefährdet. Die großen Städte wie Nürnberg oder Fürth waren schon immer eher SPD-Gebiet, aber nicht das Hinterland. In Paulis Heimatkreistag Fürth (Land) hat die CSU jetzt noch 26 von 60 Sitzen, die freien Wähler stiegen von 4 auf 7 Sitzen. Und im Nachbarlandkreis Ansbach - auch traditionelles CSU-County - ging erstmals die absolute Mehrheit verloren. Mit 45 Prozent und 32 von 70 Sitzen sieht sich die CSU nun einer Riesenkoalition aus SPD, Freien Wählern, Grünen, ÖDP und FDP gegenüber, die alle Ausschussvorsitzenden der Christsozialen abwählen wollen.

Sowas hallt bis nach München. Da fragt sich mancher, ob ein großer Zampano wie Stoiber oder Beckstein an der Spitze noch genügt. Oder ob man nicht ein paar moderne Paulis gut gebrauchen könnte. "Nur vernünftig sollten sie sein, die Weiber", wie ein mittelfränkischer CSU-ler meinte.

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