Vorschulbildung: Was nichts kostet ist nichts wert

Früher hießen sie Verwahranstalt. Jetzt nennen sie sich Bildungseinrichtung. Irgendwo dazwischen spielt die Realität in den Berliner Kindertagsstätten. Der Sprachstandstest, den alle Kinder vor der Einschulung meistern müssen, zeigt: Drei Jahre, nachdem Sprachlerntagebücher in die Regale gestellt und die ErzieherInnen zu ExpertInnen für frühkindliche Bildung umgetauft wurden, ist der Anteil der Kinder, die immensen Nachholbedarf haben, um ganze zwei Prozent gesunken. Viel zu wenig.

Zur Verdeutlichung: Deutsch Plus ist kein Test für kleine Goethes, sondern die niedrigste Hürde für den erfolgversprechenden Schulbesuch. Die Kinder sollen sich einigermaßen ausdrücken und verstehen können, was die Lehrer meinen. Damit haben nicht nur Schüler Probleme, die keine deutschen Muttersprachler sind. Auch jedes siebte deutsche Kind aus Marzahn scheitert daran. Oft sind es Kinder, deren Eltern für sich keine Perspektive sehen und ihrem Nachwuchs keine bieten.

Umso unverständlicher ist es, dass die Länge des Kitatages immer noch davon abhängt, ob Eltern erwerbstätig sind. Allein der Umgang mit anderen Kindern und das Spielen in der Kita bringen schon Vorteile für ein Kind. Der Senat sollte die aufwändigen Bedarfsprüfungen ersatzlos streichen.

Statt Sachbearbeitern brauchen Kinder deutlich mehr Erzieher. Denn wenn sie extra gefördert werden sollen, ist Mehrarbeit nötig. Der Senat aber verlangt den Erziehern ab, Zusatzförderung im Rahmen ihres normalen Arbeitspensums zu leisten. Entweder geht er davon aus, dass sie nicht hundertprozentig ausgelastet sind, oder er verschließt die Augen vor offenkundigen Differenzen zwischen Bedarf und Ressourcen.

Wenn die rot-rote Koalition Kitas nicht nur aus einer Wahlkampflaune zu Bildungseinrichtungen deklariert hat, dann muss sie diese endlich auch entsprechend ausstatten.

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