Auftakt der UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt: "Es geht ums Überleben"
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel fordert Fortschritte beim Artenschutz. Umweltorganisationen drängen auf mehr Finanzmittel.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die rund 190 Teilnehmerstaaten der UN-Konferenz über die biologische Vielfalt zu Fortschritten beim Artenschutz und der Verteilung von Gewinnen aus der Nutzung genetischer Ressourcen aufgefordert. "Es geht für viele Menschen um das blanke Überleben", sagte der SPD-Politiker am Montag zum Auftakt des Treffens am Montag in Bonn. Besonders die ärmsten Bevölkerungsteile lebten von der Natur, etwa von bedrohten Fischbeständen. Gabriel zeigte sich optimistisch, dass die Delegierten während des eineinhalbwöchigen Kongresses "substanzielle Fortschritte" erzielen. Umweltschützer verlangten von den Staaten mehr Geld für den Naturschutz.
Die mehr als 6.000 Teilnehmer beraten unter anderem darüber, wie die Gewinne etwa aus der Medikamentenherstellung auf Basis von Heilpflanzen gerecht zwischen Norden und Süden verteilt werden können. Bei ihrer nächsten Konferenz im Jahr 2010 wollen sie über ein verbindliches Abkommen zu dem Thema abstimmen. "In Bonn ist unsere Aufgabe, Struktur und Skelett dieses Vertrages festzulegen", erklärte Gabriel.
Die Länder werden in Bonn auch analysieren, wie sie sich auf dem Weg zu einem ihrer wichtigsten Ziele schlagen: den Verlust von Arten bis 2010 deutlich zu reduzieren, was auch zum Kampf gegen die Armut beitragen soll. Dieses Ziel hatten sich die Staaten 2002 in Johannesburg gesetzt. "Die Wahrheit im Jahr 2008 ist: Wir sind immer noch auf dem falschen Weg", warnte Gabriel. Deshalb müsse die Konferenz eine Strategie verabschieden, um neue Finanzierungsquellen für den Schutz der biologischen Vielfalt zu erschließen.
Zahlen nannte Gabriel nicht. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen dagegen verlangten in einem Zehn-Punkte-Forderungskatalog von den Staaten 30 Milliarden Euro pro Jahr für ein globales System von Naturschutzgebieten zu Lande und zu Wasser. "Deutschland muss 2 Milliarden jährlich geben", sagte der Koordinator von Greenpeace bei der Konferenz, Martin Kaiser. Gabriel wies diese Größenordnung aber umgehend als "eher unrealistisch" zurück. Bisher zahle die Bundesrepublik jedes Jahr 210 Millionen Euro für den Waldschutz.
Zudem forderten die Umweltschützer von dem Treffen einen Beschluss, den Verlust von Urwäldern bis zum Jahr 2015 zu stoppen. "Entwaldung ist eine der größten Quellen von klimaschädlichen Treibhausgasen", begründete Kaiser. Auch müsse die Konferenz ein Programm gegen die illegale Abholzung beschließen. Damit die Delegierten zu Ergebnissen kommen, solle das Einstimmigkeitsprinzip der Treffen gekippt werden. "Sonst verhindern einzelne Länder immer wieder in letzter Minute wichtige Beschlüsse", sagte der Greenpeace-Aktivist. Er nannte Industrieländer wie Kanada und Schwellenländer wie Brasilien als Beispiele.
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