EU-Subventionspläne: EU setzt bei Großbauern den Rotstift an

Die EU-Kommission will Landwirte weniger subventionieren - wenn auch mehr als ursprünglich geplant. Bauernverbandspräsident Sonnleitner hält davon trotzdem nichts.

Landwirtschaftliche Großbetriebe sollen in Zukunft weniger Subventionen aus Brüssel bekommen. Bild: ap

Landwirtschaftliche Großbetriebe sollen in Zukunft weniger Subventionen aus Brüssel bekommen. Die EU-Kommission setzt den Rotstift aber deutlich zurückhaltender, an als noch im vergangenen Herbst geplant war. Die Fördermittel oberhalb der Schwelle von 300.000 Euro werden stufenweise gekürzt, bis 2012 sollen 22 Prozent weniger gezahlt werden. Ursprünglich waren bis zu 45 Prozent im Gespräch. Betriebe mit vielen Beschäftigten sollen keinen Bonus bekommen, wie es der Agrarausschuss des Europaparlaments und einige Umweltorganisationen gefordert hatten.

Ein Betrieb, der derzeit eine Million Euro pro Jahr aus Brüssel erhält, muss also ab 2012 mit 152.000 Euro weniger rechnen. Mit dem eingesparten Geld will die EU-Kommission die ländliche Entwicklung stärker fördern und die Mittel dafür stufenweise um 13 Prozent steigern. Über die Details wird hinter den Kulissen bis zur letzten Minute gestritten. Bevor die zuständige Agrarkommissarin Marian Fischer Boel ihre Pläne heute Nachmittag dem Europaparlament vorlegt, treffen sich nochmals die Beamten der Agrar- und der Umweltabteilung, um auszuhandeln, welche Auflagen ein Betrieb bei Bodenschutz, Wasserqualität und Klimaschutz erfüllen muss, um Subventionen zu bekommen. Das letzte Wort hat aber der Agrarministerrat der Regierungen, der das Paket einstimmig beschließen muss. Vor allem Frankreich und Deutschland wehren sich gegen die Kürzungen für Großbetriebe.

Bauernlobbyist Gerd Sonnleitner lehnt die Pläne natürlich ebenfalls ab. Doch vor der Brüsseler Presse gab sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes gestern zunächst ganz staatsmännisch. "Es kann auf unserem Planeten Erde etwas nicht stimmen, wenn zwei Drittel der 860 Millionen Hungernden auf der Welt Bauern sind. Good Governance ist der Schlüssel", erklärte er. "Demokratie macht satt." Deshalb müsse Entwicklungshilfe wieder verstärkt der Landwirtschaft zugutekommen.

Sonnleitner räumte zwar ein, dass die Lage in der EU nicht ganz so dramatisch sei wie in der Sahelzone, doch die Rezepte, die er vorschlägt, sind die gleichen: Nicht weniger, sondern mehr Geld aus den europäischen Fördertöpfen soll wieder direkt in die Tasche der Bauern fließen.

Die Agrarreform, die an diesem Dienstag von der EU-Kommission vorgestellt wird, müsse sich daran messen lassen, ob sie Ernährungssicherheit, Umweltschutz und die Förderung der ländlichen Räume gleichermaßen im Blick habe.

Einen Zusammenhang zwischen verstärkter Biospritproduktion und gestiegenen Lebensmittelpreisen sieht Sonnleitner nicht. Schließlich wanderten derzeit nur 2 Prozent der Erträge in diesen Sektor. Das könne sich aber ganz schnell ändern, wie er einräumte: "Wenn der Bauer sät, weiß er ja meist noch gar nicht, was mit den Produkten am Ende passiert. Zahlt die Bioenergiebranche mehr, bekommt sie den Mais oder Weizen. Der Markt entscheidet." Die Kommission will die Förderung für Biosprit im Rahmen der Reform streichen. Doch indirekt geht die Förderung weiter und bekommen die Bauern Gelder aus Brüssel auch, wenn sie für den Tank statt für den Teller produzieren.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisiert die Pläne der EU-Kommission. Statt weiter Großbetriebe wie Edeka, RWE oder Müllermilch Millionenbeträge zu überweisen, sollte nur noch gefördert werden, wer ökologisch nachhaltig wirtschafte und viele Mitarbeiter beschäftige. Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland: "Die verfehlte EU-Agrarsubventionspolitik hat den Hunger in den armen Ländern mitverursacht. Dies hat uns die aktuelle Lebensmittelkrise deutlich vor Augen geführt."

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