Justizsenatorin weht sich: "Wir misten hier nicht aus"

Gisela von der Aue weist Vorwürfe zurück, besonders schwierige Insassen des Jugendknasts würden nach Brandenburg abgeschoben.

taz: Frau von der Aue, warum braucht die Jugendstrafanstalt einen zusätzlichen Zaun?

Gisela von der Aue: Die Sicherheitsvorkehrungen müssen verschärft werden, weil sich die in der Strafanstalt einsitzende Klientel verändert hat. Wir wollen jegliche Fluchtmöglichkeit ausschließen.

Der Anstaltsbeirat hält den Zaun für überflüssig. Der letzte Fluchtversuch, bei dem sich ein Insasse beide Beine brach, liege zwölf Jahre zurück, heißt es. Martialische Abschreckung gehöre nicht zum pädagogischen Konzept der Anstalt.

Wie Sie sich vielleicht erinnern, wurde im vergangenen Jahr im Bereich des Sportplatzes eine Leiter von außen über die Mauer geworfen. Das pädagogische Konzept bleibt von den Sicherheitsvorkehrungen unberührt.

Gilt das auch für die 120 Fenstervorsatzgitter?

Die Insassen können durch den engen Maschendraht nicht mehr so gut hinausschauen. Das ist keine schöne Situation. Aber es gibt keine andere Möglichkeit, das Angeln nach Gegenständen vom Zellenfenster aus zu verhindern.

Um die Überbelegung abzubauen, sind 27 Insassen nach Brandenburg verlegt worden. Nach welchen Kriterien wurden sie ausgesucht?

Die Verlegung erfolgte auf dem Wege absoluter Freiwilligkeit. Es handelt sich um keine homogene Gruppe: Russlanddeutsche, Usbeken, Moldawier, gebürtige Deutsche - ganz normale Strafgefangene. Wir haben die Berliner Jugendstrafanstalt nicht etwa ausgemistet, wie eine Zeitung behauptet hat.

Herrscht bei gebürtigen Türken und Arabern die Meinung vor, nach Brandenburg gehen wir nicht, in den Knästen dort gibt es zu viele Rechtsradikale?

Von solchen Vorbehalten habe ich noch nie etwas gehört.

Von einigen Medien wurde behauptet, die nach Brandenburg verlegten Berliner würden den Jugendknast Wriezen aufmischen. Auch die Drogenprobleme hätten durch die Berliner stark zugenommen.

Das habe ich ebenfalls mit Erstaunen gelesen. Auf Fachebene ist aus Brandenburg nichts dergleichen an uns herangetragen worden. Natürlich haben viele jugendliche Strafgefangene Drogenprobleme. Aber die gibt es auch in Brandenburg. Kokain, Heroin und Haschisch hören doch an der Stadtgrenze nicht auf zu existieren.

Der Anstaltsleiter der Jugendstrafanstalt Berlin, Marius Fiedler, hat vergangene Woche Wriezen besucht und mit dem dortigen Anstaltsleiter Rolf-Dietrich Voigt gesprochen.

Herr Voigt hat dabei betont, dass die Probleme nicht etwa durch die Berliner entstanden sind, sondern schon länger existieren.

Wie erklären Sie sich die Medienberichte?

Da wird ganz eindeutig etwas aufgebauscht. Auf politischer Ebene klappt die Kooperation von Berlin und Brandenburg ja ausgesprochen gut. Vermutlich gibt es Leute, denen das nicht passt.

Welche Schlussfolgerung ziehen Sie daraus?

Wenn es Schwierigkeiten gibt, kann man sie lösen. Aber das darf auf keinen Fall die Kooperation in Gänze gefährden. Es kann nicht sein, dass man sich die Menschen aussucht. Das tut Berlin bei den Schülern aus Brandenburg auch nicht. Dass wir keine Länderfusion gemacht haben, kann nicht heißen, wir separieren uns. Dafür sind wir zu eng miteinander verwoben.

INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE

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