Zwei Treffer bringen den Sieg: Hurra! Deutschland Europameister!
Das große Finale: Deutschland und Spanien spielen am Sonntagabend in Wien um den Titel des Europameisters. Die taz aber weiß vorab schon, wie es ausgehen wird - erster Teil.
Der letzte Schritt zur endgültigen Entideologisierung des DFB-Fußballs ist gemacht. Joachim Löw bricht an der Seitenlinie keinen Streit mehr mit Torsten Frings vom Zaun. Hoch und weit fliegen die Bälle aus dem deutschen Mittelfeld nach vorne - und der Bundestrainer, der zwei Jahre lang das Bälleflachhalten gepredigt hatte, freut sich. Denn die Luftkugeln finden Abnehmer. Ein ums andere Mal segelt Miroslav Klose erfolgreich dem Ball entgegen, er köpft aufs Tor, legt ab auf den heraneilenden Michael Ballack, auf Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski. Ein Tor erzielt der fliegende Bayernstürmer selbst. Beim zweiten bedient er Podolski, der den Ball quer legt auf Ballack, der das 2:0 drischt. Das 4-5-1 der Deutschen, es wird zur Defensivmaschine mit Kopfballwunder.
Lange sieht es nicht gut aus, das Spiel der Deutschen. Die wenigen Versuche, mit schnellen, flachen Pässen durch die zentrale Defensive der Spanier mit Carles Puyol, Carlos Marchena und dem bis dato so überragenden Senna hindurchzuspielen, scheitern. Sie werden schnell eingestellt. Podolski hat kaum Zeit, Ideen für das Offensivspiel zu entwickeln. Er muss eine Art Sonderbewacher für Sergio Ramos spielen und erfindet für sich wieder einmal eine neue Rolle, die des Offensivverteidigers. Verwundert reiben sich die Beobachter die Augen. Denn ein ums andere Mal ist er schneller als der Spanier, der im Halbfinale endlich die Leistung gebracht hatte, die ihm viele schon früher zugetraut hatten. Weil Philipp Lahm seine Konzentrationsfähigkeit zurückgewonnen hat und wieder spielt, wie ein guter Außenverteidiger zu spielen hat, entstehen auf der rechten Abwehrseite kaum Lücken.
Das defensive Mittelfeldpaar bilden Thomas Hitzlsperger und Torsten Frings. Sie profitieren von der wieder einmal irrwitzigen Laufleistung ihres Kapitäns. Dessen Hauptverdienst im Finale ist es, die Spieleröffnung der Spanier, die sich bislang auf die sicheren Pässe von Senna stets verlassen konnten, immer wieder zu unterbinden. Dem spanischen Passspiel geht der Ausgangspunkt verloren. Darunter leidet die Präzision. Thomas Hitzlsperger gelingt es, jede kleinste Ungenauigkeit im Spielaufbau der Spanier zu erkennen. Ein ums andere Mal fängt er die Pässe ab. Neben ihm rutscht Torsten Frings ständig auf dem Hosenboden herum. Die Gelbe Karte, die ihm bereits nach 15 Minuten gezeigt wird, kann ihn nicht bremsen. Hitzlsperger und Frings, der Stratege und der Krieger, sorgen dafür, dass kaum ein Ball zu Fernando Torres und Daniel Güiza, der den verletzten Villa vertreten muss, gelangt.
Der Elfer kurz vor Ende der Partie, den Christoph Metzelder am von den Spaniern wieder einmal viel zu spät eingewechselten Cesc Fabregas verschuldet, zeigt, wie wichtig die Arbeit im Mittelfeld ist. Die Schnelligkeit und nach wie vor auch die Entscheidungssicherheit, die Laufwege betreffend, fehlen dem deutschen Turnierverteidiger vom Dienst einmal mehr. Immerhin kann Per Mertesacker mit kurzen Sprints immer wieder Passwege in die Spitze zulaufen. Iniesta und Xavi gelingt es mit zunehmenden Spielverlauf immer weniger, ein ansehnliches Passspiel aufzuziehen.
Das liegt auch daran, dass die linke Angriffsseite der Spanier einfach nicht funktionieren will. Arne Friedrich leistet einmal mehr solide Arbeit. Spät erst traut er sich über die Mittellinie. Im Zusammenspiel mit Bastian Schweinsteiger, der nach seiner läuferischen Explosion im Halbfinale nicht so recht in Schwung kommen will, arbeitet er sich ein ums andere Mal nach vorne. Dass es seine Flanke ist, die nach gut einer Stunde zur Vorlage für das 1:0 durch Miroslav Klose wird, ist sicher eine der großen Überraschungen des Turniers.
Und dann ist da noch das Wunder von Wien. Jens Lehmann, der ohne Fehler agiert, hält den von Metzelder verursachten Foulelfmeter. Fünf Minuten zuvor hatte Ballack das 2:0 geschossen. Zu viel des Guten? Man wird sehen.
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