Kommentar G8: Vision grenzt an Realsatire

Bei ihrem diesjährigen Gipfel in Japan arbeiten die Regierungschefs besonders hart - und zwar daran, den Rest der Welt endgültig von ihrer Irrelevanz zu überzeugen.

Bei ihrem diesjährigen Gipfel in Japan arbeiten die Regierungschefs besonders hart - und zwar daran, den Rest der Welt endgültig von ihrer Irrelevanz zu überzeugen. Dass die Klima-Beschlüsse tatsächlich ein Fortschritt sind, können sie eigentlich selbst nicht glauben. Die Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050, die in Heiligendamm noch "erwogen" werden sollte, wurde auf Hokkaido zur "Vision" erhoben - dieser "Erfolg" grenzt an Realsatire.

Denn die G-8-Staatschefs verzichten nicht nur auf konkrete Selbstverpflichtungen beim Klimaschutz. Sie setzen zudem aufs schlechte Gedächtnis der Öffentlichkeit. Das 50-Prozent-Ziel bis 2050 bleibt hinter den Forderungen des Weltklimarats zurück, denen bereits alle Staaten zugestimmt haben. Und beim letzten Klimagipfel auf Bali wurde bereits bis 2020 eine Reduzierung um 25 bis 40 Prozent als Zielmarke festgelegt.

Wie ernst die G-8-Staatschefs ihren gefeierten Klimabeschluss wirklich nehmen, war zudem bei einem anderen Thema zu merken, das gestern ebenfalls auf der Tagesordnung stand: die weltweite Energiekrise. Als Lösung gegen die hohen Ölpreise setzt die G 8 auf eine Ausweitung der Fördermengen und der Raffineriekapazitäten. Das konterkariert nicht nur die Klimaziele, es zementiert auch die Abhängigkeit von den endlichen Ölreserven. Konkrete Schritte für eine Reduzierung des Ölverbrauchs und den Umstieg auf erneuerbare Energien waren in der Erklärung nicht zu finden.

Der größte Witz des diesjährigen G-8-Gipfels war jedoch der Auftritt von George W. Bush. Ausgerechnet der Präsident des Landes mit dem höchsten Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 wollte Kanzlerin Angela Merkel Nachhilfe in Sachen Klimaschutz geben - und sie zur verstärkten Nutzung der Atomkraft drängen. Dass Merkel diesem Ansinnen eine Absage erteilte und Atomkraft als "nicht entscheidend" im Kampf gegen den Klimawandel bezeichnete, ist eine der wenigen guten Nachrichten vom diesjährigen G-8-Gipfel. Eine weitere ist, dass der Klima-Bremser Bush im nächsten Jahr nicht mehr dabei sein wird - weder beim G-8-Gipfel noch bei der UN-Konferenz, wo die tatsächlich relevanten Klima-Entscheidungen fallen werden.

MALTE KREUTZFELDT

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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