Kommentar Kurdenkonflikt: Falscher Schulterschluss mit Ankara

Statt kurdische Vereine, Webseiten und den Fernsehsender Roj TV schließen zu lassen, sollte sich Innenminister Schäuble mehr um Vermittlung bemühen.

Die Bundesregierung kann sich nicht erpressen lassen, da hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier recht. Deshalb wird sie auch nicht auf die Forderung der Entführer eingehen, auf ihre "feindliche Politik gegenüber der PKK und dem kurdischen Volk" zu verzichten, wie es aus Kreisen der Guerilla hallte. Der PKK wird daher nichts anderes übrig bleiben, als die drei Bergsteiger bald wieder freizulassen - bedingungslos.

Vieles spricht dafür, dass sie das tun wird. Denn die PKK ist nicht al-Qaida und auch nicht die kolumbianische Farc. Sie hat im vergangenen Jahr sogar acht türkische Soldaten freigelassen, die ihr vor der Nordirak-Offensive der türkischen Armee in die Hände gefallen waren. Die aktuelle Entführung ist kaum mehr als eine Verzweiflungstat, um ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Denn die PKK steht unter Druck. Immer mehr Kurden haben genug von Krieg und Gewalt. Für die USA und die EU ist sie schlicht eine Terrororganisation. Und die Kurdenführer im Nordirak wollen mit Ankara verhandeln, da steht die PKK nur im Wege.

Die Aussichten wären deshalb eigentlich günstig, die PKK zur Niederlegung ihrer Waffen zu bewegen. Doch maßgebliche Stellen in der Türkei glauben noch immer, das Problem lasse sich rein militärisch lösen. Hinzu kommt, dass in Ankara derzeit ein Verbotsverfahren nicht nur gegen die regierende AKP, sondern auch gegen die legale Kurdenpartei DTP läuft - also genau gegen jene beiden Parteien, von denen sich die Mehrheit der Kurden eine friedliche Lösung des Konflikts erhofft.

Statt den Schulterschluss mit Ankara zu suchen, wie es Innenminister Schäuble macht, wenn er kurdische Vereine, Webseiten und zuletzt den Fernsehsender "Roj TV" schließen lässt, sollte die Bundesregierung stärker auf Vermittlung setzen. Sie sollte klarmachen, dass ein Verbot der Kurdenpartei DTP europäischen Prinzipien widerspricht. Und sie sollte darauf drängen, dass in der Türkei etwa Fernsehen in kurdischer Sprache frei zugelassen wird. Denn "Kurdistan sucht den Superstar" als Musikcasting-Show - das würde der Propaganda der PKK jeden Glamour nehmen.

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Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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