Mehr Stipendien - aber wie: Aus Almosen werde Zukunft

Nicht mal ein Prozent der Studierenden erhalten derzeit ein Stipendium. Während Bund und Länder noch diskutieren, hofft NRW- Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) auf die Wirtschaft.

Gerade mal 20.000 Studierende erhalten Geld aus Stipendien, also nicht mal ein Prozent jener, die an den Unis eingeschrieben sind. Bild: dpa

Im letzten Jahr haben bei der Friedrich-Ebert-Stiftung doppelt so viele Studierende ein Stipendium bekommen wie im Vorjahr. "Großartig, nicht wahr", freut sich die zuständige Referentin, Katrin Dapp vom Förderwerk. Und in diesem Jahr könnten sogar bis zu 750 Studierende neu in die SPD-nahe Studienförderung aufgenommen werden.

Im kleinen Rahmen sind diese Zuwächse tatsächlich beeindruckend. Blickt man auf die über zwei Millionen Studierenden in Deutschland, muss man diejenigen, die auf dem Ticket einer Stiftung oder eines Förderwerkes studieren, weiterhin mit dem Vergrößerungsglas suchen. Das Bundesbildungsministerium überweist den Begabtenförderwerken zwar seit 2006 mehr Geld. Dennoch erhalten gerade mal 20.000 Studierende Geld aus Stipendien, also nicht mal ein Prozent jener, die an den Unis eingeschrieben sind.

Aber das soll sich ändern. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) ist sich mit den Wissenschaftsministern der Länder einig, dass es mehr Stipendien geben soll. Zurzeit beraten beide Seiten über einen gemeinsamen Weg zu diesem Ziel, moderiert vom nordrhein-westfälischen Wissenschaftsminister, Andreas Pinkwart (FDP).

Pinkwart hat bereits im letzten Jahr ein Stipendienmodell entwickelt, nach dem die Hochschulen Geld aus der Wirtschaft einwerben zwecks Unterstützung ihrer begabten Studierenden. Für jeden eingesammelten Euro sollen die Unis einen Euro von der öffentlichen Hand obendrauf bekommen. Ab dem Wintersemester 2009/10 will Pinkwart das Modell in Nordrhein-Westfalen testen. "Die Hochschulen sind sehr froh, dass etwas passiert, und es gibt auch klare Signale aus der Wirtschaft, sich zu beteiligen", sagte Pinkwart der taz. Zunächst sollen 1.200 Erstsemestler ein Pinkwart-Stipendium bekommen - 1,8 Prozent der Studienanfänger.

Pinkwart ist optimistisch: "Wenn wir uns auf eine Gesamtlösung einigen könnten, die wir ja anstreben, kämen wir auf 3.400 Studienanfänger." Irgendwann will der Wissenschaftsminister die besten 10 Prozent der Studierenden erreichen.

Das Modell wäre nicht nur ein weiterer Topf für Stipendien. Sollte es tatsächlich bundesweit Schule machen, hätte das auch Auswirkungen auf das Bafög, die staatliche Unterstützung für Studierende aus ärmeren Elternhäusern. "Wenn wir das Stipendienwesen ausbauen und attraktiver machen wollen, muss das bestehende Fördersystem angepasst werden", stellt Pinkwart klar.

Bislang richtet sich die Höhe von Stipendien und Bafög nämlich nach dem Einkommen der Eltern. Vom größten Begabtenförderwerk, der Studienstiftung des Deutschen Volkes, werden derzeit über 9.000 Studierende bezuschusst. Etwa die Hälfte erhält nur ein monatliches Büchergeld von 80 Euro, weil ihre Eltern zu viel verdienen.

Pinkwart will Begabte dagegen unabhängig vom Einkommen der Eltern mit monatlich 300 Euro fördern. "Ein Bafög-Empfänger könnte bis zu 900 Euro bekommen", rechnet er vor.

Die Frage ist, wer das bezahlen soll. Pinkwart wünscht sich, dass der Bund zwei Drittel stemmt und die Länder ein Drittel der errechneten jährlichen Kosten von 194 Millionen Euro zahlen.

Nicht nur das Bundesbildungsministerium reagiert zurückhaltend. "Wir bezahlen bereits 95 Prozent der Begabtenförderung, jetzt sind die Länder gefragt", sagt eine Sprecherin. Auch Pinkwarts Kollegen aus den Ländern sind vorsichtig. Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat angeregt, bestehende Instrumente, etwa die Studienstiftung des Deutschen Volkes, auszubauen.

Der stellvertretende Generalsekretär der Studienstiftung, Klaus-Heinrich Kohrs, winkt freundlich ab: "Es wäre natürlich schön, wenn es eine Förderung zwischen Bafög und Spitzenförderung gäbe. Aber auf diesen Bereich sind wir nicht ausgerichtet." Für ein Stipendium kommen neben Vorschlägen aus den Universitäten hauptsächlich Abiturienten in Frage, die von ihren Direktoren genannt werden - zwei bis drei Auserwählte pro Abiturjahrgang.

Seit 2006 erreicht die Stiftung zwar fast doppelt so viele Talente wie in den Jahren zuvor. Mit ihren Auswahlverfahren bewegt sich die Stiftung weiterhin in den Höhen absoluter Spitzenförderung: "Wir haben das Nadelöhr erweitert, aber die Maßstäbe für die Auswahl sind so hoch wie zuvor", versichert Kohrs. "Nicht jeder, der einen hohen IQ hat, ist auch ein Studienstiftler."

Daneben gäbe es aber eine große Gruppe leistungsfähiger junger Leute. Doch ob diese mit Hilfe der Wirtschaft erreicht werden können, wie Pinkwart vorschlägt, bezweifelt Kohrs. "Wir haben für diejenigen, die nur Büchergeld bekommen, fieberhaft nach Sponsoren gesucht." Doch sei es unmöglich gewesen, stabile Zusagen von Unternehmen zu gewinnen.

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