Lothar Matthäus in Israel: Der harte Professor

Bei seinem neuen Arbeitgeber, dem israelischen Verein Maccabi Netanya, genießt Fußballcoach Lothar Matthäus den Respekt, den er in Deutschland schmerzlichst vermisst.

Endlich wieder im Mittelpunkt: Lothar Matthäus. Bild: dpa

SCHRUNS taz Alles endete am Wochenende so, wie es für Lothar Matthäus vor 14 Tagen angefangen hat: mit Regen im österreichischen Vorarlberg. Das Hochjochmassiv des Montafon war wieder in dunkle Wolken gehüllt, als der deutsche Rekordnationalspieler auf dem Sportplatz von Schruns das letzte Testspiel des Trainingslagers mit seinem Arbeitgeber Maccabi Netanya bestritt. Es ging immerhin gegen Werder Bremen. Matthäus hockte sich auf die obere Kante der überdachten Ersatzbank und thronte so über allen anderen: Was der Franke sah und der Klubeigentümer Daniel Jammer, dessen Großeltern den Holocaust überlebten, per Werder-TV-Livestream aus der Ferne verfolgte, verwunderte irgendwie nicht. Der Zweite aus Israel war dem Vizemeister aus Deutschland heillos unterlegen und mit dem 0:3 gut bedient. "Die spielen Champions League, wir Uefa-Cup-Qualifikation", erklärte Matthäus, "wir können uns mit den Bremern nicht vergleichen."

Aber irgendwie ja doch. "Werder ist unser Vorbild: Solch ein seriös geführter Verein wollen wir auch werden", sagt Andreas Stamatiou. Der 41-jährige Deutsche ist ein Jammer-Vertrauter und der Finanzvorstand des fünffachen israelischen Meisters. Derzeit gibt der mit russischen Millionen subventionierte Titelträger Beitar Jerusalem am Mittelmeer den Ton an, Stamatiou, Jammer und Matthäus wollen das in einer gemeinsamen Mission ändern.

Der Etat beträgt zehn Millionen Dollar, Matthäus soll rund eine halbe Million Euro pro Jahr kassieren. Dafür arbeitet der vom DFB per Sonderlehrgang lizenzierte Fußballlehrer hart. Beim Testkick gegen den FC St. Pauli (1:3) legte sich Matthäus mit Trainerkollege Holger Stanislawski an. Ihm waren die Kiez-Kicker zu hart eingestiegen. Im Trainingslager mischte der Coach stets aktiv mit; beim Kreisspiel, bei den Standardsituationen, beim Taktiktraining war Matthäus mittendrin. Und nicht nur sein Co-Trainer David Pizanti, einst Bundesligaspieler beim 1. FC Köln, war begeistert: "Lothar ist unser großes Glück. Wir haben einen Professor bekommen. Wir lernen jetzt jeden Tag." Ist da ein Heilsbringer am Werk? Francis Kioyo, der wuchtige Stürmer aus Kamerun, in deutschen Klubs viel rumgekommen, würde das bejahen. "Vergangene Saison haben alle nur lange Bälle auf mich geschlagen. Jetzt versuchen wir richtigen Fußball zu spielen." Matthäus weiß, dass es bislang eher wie ein Versuch wirkt: "Ich habe mit dem kleinen Fußball-Abc anfangen müssen und einfache Dinge wie passen üben lassen."

Die Bedingungen? Das Niveau sei zweite Liga, das Budget dritte Liga, die Infrastruktur gar nur Bezirksliga. Das kleine Stadion ist arg marode, Neubaupläne wurden verschoben, und ein eigenes Trainingsgelände hat der Klub nicht.

Matthäus betont seine Vorliebe für Land und Leute. Er könne nur jedem Deutschen empfehlen, in Israel mal Urlaub zu machen. "Dass ein Lothar Matthäus in Netanya arbeitet, ist doch so, als würde George Clooney eine Spielsaison im Bürgerhaus von Schwalbach auftreten", erklärt Stamatiou. Ein guter Vergleich. Matthäus sagt: "Mich hat keiner gezwungen, diesen Job anzunehmen. Ich habe auch nicht darauf hingearbeitet." Dahinter steckt viel Wahrheit: So gut der Karriereplan des Spielers Matthäus verlief, so wenig tat er das beim Trainer Matthäus. Insgeheim reizt ihn nach wie vor der Gedanke, die Bundesliga zu bereichern: "Ich hätte keine Angst davor. Ich kenne meine Qualitäten als Trainer. Und ich weiß, was ich in den vergangenen fünf, sechs Jahren geleistet habe." Davon ist nur zu wenig nach Deutschland rübergekommen. Es scheint nun also viel davon abzuhängen, ob der Nachrichtenfluss aus Netanya abreißt.

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