die wahrheit: Der Cybarkeeper: Warmes Bier aus kalten Händen

Eine perfekte Ehe: das synthetische, geschmacksneutrale britische Dünnbier, serviert von einem Roboter.

Eine perfekte Ehe: das synthetische, geschmacksneutrale britische Dünnbier, serviert von einem Roboter. Der Cybarkeeper ist eine Erfindung des japanischen Brauereikonzerns Asahi, der sein Gerät zurzeit in England und Schottland vorstellt. Mr Asahi, wie das Unternehmen ihn fantasievoll getauft hat, serviert ein gezapftes Bier in zwei Minuten. Das allerdings kann jeder Barmann schneller, denn das schaumlose englische Bier benötigt keine besondere Aufmerksamkeit. Doch der knapp 250 Kilogramm schwere Herr Asahi muss im Gegensatz zu den Dünnbierpinklern nie aufs Klo oder vor die Tür, um eine Zigarette zu rauchen.

Er ist die Luxusausführung des "Beer Buddy", eines Roboters für den Hausgebrauch, der unsäglich faulen Menschen das Aufreißen und Einschenken einer Dose Bier erspart. Das ist nämlich alles, was er kann. Bis der Doseninhalt aus seinem Vorratsbauch im Glas ist, vergeht so viel Zeit, dass das Getränk nach Ende der komplizierten Prozedur bereits schal ist, was bei englischem Bier jedoch nicht sonderlich auffällt.

Bierroboter sind keine neue Idee, der US-amerikanische Science-Fiction-Autor Alfred Bester schrieb davon schon 1956 in seinem Buch "Die Rache des Kosmonauten". Darin heißt es: "Er ignorierte seine Feinde und betrachtete das ewige Strahlen, das in das Robotergesicht des Barkeepers eingraviert war: das klassische irische Grinsen." Herr Asahi hat ein klassisches japanisches Lächeln im Gesicht, so dass man sich nicht mehr über den traditionell mürrischen britischen Barkeeper ärgern muss. Und einen anderen Vorteil hat er auch: Im Frühjahr ist ein neues Gesetz über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlassen worden. Demnach kann ein Wirt verurteilt werden, wenn seine Gäste die Bedienung anmachen oder mit "Mausi" anreden. Schmutzige Witze in Hörweite der Angestellten können ebenfalls bestraft werden. Allerdings dürfen die Angestellten erst dann vor ein Tribunal ziehen, wenn sie dreimal sexuell belästigt worden sind. Gastwirte müssen also Ohren wie ein Luchs haben und ihre Gäste belauschen, damit sie nicht mit Schadensersatzklagen überzogen werden.

Oder sie schaffen sich Mr Asahi an. Der kostet zwar 100.000 Pfund, aber auf Dauer könnte sich die Anschaffung lohnen, denn es stört ihn nicht, wenn man ihn mit "Darling" anspricht oder ihm den Hintern tätschelt. Vielleicht freut es ihn sogar. Wer weiß denn schon, wovon japanische Roboter träumen.

Allerdings kann er nicht zwischen verantwortungsbewussten erwachsenen Trinkern und alkoholsüchtigen Kindern unterscheiden, was zum Problem werden könnte, da die Gesetze über den Alkoholausschank im Frühjahr ebenfalls verschärft worden sind. Während ein Wirt seine Angestellte zweimal ungestraft sexuell belästigen lassen darf, ist er seine Lizenz bereits los, wenn er zweimal Alkohol an Minderjährige verkauft - oder vom künstlichen Angestellten ausschenken lässt. Das Bestrafungssystem hat man vom Fußball in Form von gelben und roten Karten übernommen, denn das versteht die fußballvernarrte Nation sofort. Es gibt nur eine Sache, in die sie noch vernarrter ist: warmes Bier. Und es ist ihr vollkommen wurscht, wer es serviert.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.